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2. Ein Ende nahm das leichte Spiel,
es naht der Ernst des Lebens;
behalt' im Auge fest dein Ziel,
geh' keinen Schritt vergebens.
3. Gerader Weg, gerades Wort,
so will's dem Mann gebühren;
wer Ehre sich erwählt zum Hort,
den kann kein Schalk verführen.
1. Nimm auf die Schultern Last und Müh'
mit srohem Gottvertrauen,
und lerne, wirkend spät und früh,
den eignen Herd dir bauen.
5. Halt' hoch das Haupt, was dir auch droht,
und werde nie zum Knechte;
brich mit dem Armen gern dein Brot,
und wahre seine Rechte.
6. Treib' nicht mit heil'gen Dingen Spott
und ehre fremden Glauben,
und laß' dir deinen Herrn und Gott
von keinem Zweifler rauben.
7. Und nun, ein letzter Druck der Hand
und eine letzte Bitte:
halt' dich getreu im fremden Land
zu deines Volkes Sitte! g. Sturm.
91. Aus dem Handwerksburschenleben alter Zeit.
Solche Handwerksburschen, wie es in früherer Zeit gab, gibt es heut—
zutage fast gar nicht mehr. Als aber noch die alten Handwerkerzünfte
bestanden und jeder Geselle auf die Wanderschaft gehen mußte, da begegnete
man oft auf der Landstraße einem Handwerksburschen der alten, guten
Zeit, der dann in der Regel gar höslich seinen Hut abzog und um einen
Zehrpfennig bat.
Die Zünfte oder Innungen entstanden im Mittelalter. Die Ge—
nossen ein und desselben Handwerks in einer Stadt hatten sich vereinigt zu
einer Gesellschaft, in der jeder bestimmte Rechte und Pflichten hatte. An
der Spitze stand der Obermeister. Bei ihm hielten gewöhnlich die Meister
ihre Zusammenkünfte ab; bei ihm stand auch in den Städten, wo kein
Junungshaus war, die Meisterlade, ein Behälinis, in welchem die Ur—
kunden und andere wichtige Papiere der Innung aufbewahrt wurden. An
der Spitze der Gesellen stand der Altgeselle. Auch die Gesellen hatten eine
Lade, die Gesellenlade, welche in der Junungsherberge stand. Bei festlichen
Versammlungen, z. B. beim Lossprechen eines Lehrlings, wurde die Lade
geöffnet. Vei offener Lade durfte kein Streit stattfinden, kein böses Wort
ausgesprochen werden; denn die Lade war gleichsam das Heiligium der
Innung. Allmählich hatte sich bei allen Zünsten eine feste Ordnung aus—
gebildet, welche das ganze Leben des Handwerkers regelte. In genau be—
stimmter Rede und Gegenrede begrüßten sich die Handwerksgenossen und
erlannten sich an gewissen Zeichen und Gebräuchen. Wollle an Knabe in
emne Innung als Lehrling aufgenommen werden, so mußte zunächst nach—
gewiesen werden, daß er von ehrlichen Eltern abstamme. Dann hatte
pei Bürgen zu stellen, welche für seine gule Aufführung und sein
Verbleiben in der Lehre verantwortlich waren. Die Lehrzeit selbst war
hart und streng.
Der Lehrling wohnte bei seinem Meister und war in der Regel der
härtesten Behandlung des Meisters und der Gesellen schutzlos preisgegeben.
Hatte er endlich seine Lehrjahre überstanden und durch ein Gesellenstück