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Päckchen Blütenstaub mitbrächtest. Daher hatte ich für dich schon
den besten Honigseim bereitgestellt. Aber Stunde aus Stunde
verrann, und wer sich nicht sehen ließ, das war mein Hummelchen.
Wo hast du nur so lange gesteckt? Der Weg ist doch gar nicht
so weit. Ich dachte nun schon, du habest dich verirrt und kämst
heute gar nicht mehr zu mir; darum habe ich eben in dieser
Minute meinen Honigsaft einem großen, gelben Zitronenfalter
geschenkt, der mich so bescheiden darum bat. Es tut mir ja
nun furchtbar leid, daß ich dich für deine Mühe und große
Liebenswürdigkeit heute nicht mehr belohnen kann. Aber
komm nur morgen in aller Frühe wieder her, dann werde ich
Honig für dich in Hülle und Fülle haben."
Das war dem Hummelchen denn aber doch zu viel. Es
wußte sich vor Ärger und Verdruß nicht zu lassen. Die gröbsten
Schimpfworte, die es kannte, schleuderte es dem Kleeblümchen
entgegen. Das aber lachte ihn gerade so aus wie sein
Schwesterchen und sagte: „Na, na, altes Brummelchen, gib
dich nur zufrieden! Du bist ja allein schuld daran! Du konntest
ja früher kommen. Doch warte einen Augenblick, ich will dir
wenigstens deine schwere Last abnehmen!"
Bei diesen Worten griff es mit den zarten Blumenhändchen
nach seinem Kopfe und streifte aus den struppigen Haaren den
gelben Blütenstaub heraus.
Da wurde Hummelchen noch ungebärdiger und schlug
wütend mit seinen Flügeln nach dem Kleeblümchen, aber das
wich ihm geschickt aus.
6.
So mußte Hummelchen auch von hier mit knurrendem
Magen und zornigem Sinn abziehen. Sein Gelüst nach Klee¬
honig mußte es sich heute vergehen lassen, es bekam keinen
mehr. Nach rastlosem Suchen fand es bis zum Abend kaum
noch so viel anderen Honig, daß es seinen Hunger stillen konnte;
denn die Bienchen waren den ganzen Tag über fleißig gewesen
und hatten tüchtig eingetragen. Müde und matt kehrte es, als
die Sonne eben hinter dem Walde verschwinden wollte, nach