Full text: Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen

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50. Schweizer Industrie 
dort silberne Cylinderuhren mit 4 Steinen für den geringen Preis von 
30 Franken ausgestellt finden, aber auch die schönsten goldenen Repetier— 
uhren für 220 Franken; für 1000 Franken war eine Uhr zu haben von 
nur 8 Linien im Durchmesser mit einem funkelnden Brillantenbesatz. 
Und während ein Chronometer (der genaueste Zeitmesser für wissen— 
schaftliche Zwecke) schon für einen Preis von 140 Franken feil war, 
sah man die winzigsten Luxusuhren in Brochen), Braceletten?) ein— 
gefügt zu Preisen von 2000 bis 3000 Franken! Ein Sachverständiger 
würde aber nicht minder die ausgezeichneten, höchst feinen Instrumente 
und Maschinen bewundern, mit denen man jene Uhren hergestellt hatte, 
und auch darin den Gewerbfleiß, die Erfindungsgabe und Geschicklich— 
keit der französischen Schweizer erkennen. Denn Uhren und Uhren— 
Instrumente werden namentlich in den kleinen Kantonen Genf und 
Neuenburg erzeugt. 
Genf ist das schweizerische Paris, das mit seinem Urbilde den Ge— 
schmack, die Feinheit und Beweglichkeit teilt, aber den ausdauernden 
Fleiß und die Solidität vor ihm voraus hat. Nicht bloß die Uhren, 
sondern die meisten Gold- und Silberwaren und viele andere feine 
Luxusarbeiten in den prächtigen Pariser Läden sind Genfer Arbeit. 
Zuerst that sich das industrielle Talent der Genfer im Handel und in 
der Anfertigung von Leder- und Seidenwaren, Spitzen und Messer— 
schmiedarbeiten kund, doch wurden nebenbei auch nicht wenig Stand— 
und Pendeluhren verfertigt. Da geschah es, daß sich im Jahre 1587 
Charles Cusin?) aus Burgund in Genf niederließ, der einer der 
geschicktesten Uhrmacher war, und sich zuerst auf die Zusammensetzung 
von Taschenuhren verlegte. Seine Uhren wurden mit Gold aufgewogen; 
lange Zeit blieb die Kunst bei seinen Arbeitern und Schülern ohne 
Konkurrenz von anderer Seite und ward für Genf eine Hauptquelle 
des Wohlstandes. Niemand hätte geglaubt, daß im benachbarten 
Ländchen Neuenburg Neufchatels)), m den öden, verlassenen Jura— 
thälern, wo eine dürftige Bevölkerung dem armen Boden mit 
Mühe ihr Dasein abrang, ein glücklicher Rivale der Genfer erstehen 
würde! 
Als im Jahre 1630 die erste Taschenuhr nach Locleꝰ) gebracht wurde, 
versuchten sich sogleich mehrere Handwerker in der Zusammensetzung 
hölzerner Schlaguhren, und besonders that sich als mechanisches Talent 
ein junger Mann hervor, Namens Rich ar d?), dem die Nachahmung am 
) spr. broschen. ) spr. Braßeletten — Armbänder. 9) spr. scharl küsäng. 
9 spr. nöschatäl. 5) spr. lok'l. 6) spr. rischar.
	        
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