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4. Wie wir in cdie Stahlzeit kamen. von Lallar· Cohn.
Unsere Welt. 1. Jahrgang. 1. Heft. Godesberg 1909. 8. 15.
Al die Steinzeit folgte die Bronzezeit, und an diese reihte sich die
Eisenzeit. Zur Gewinnung des Eisens erhitzte man ein Erz des⸗
selben mit Kohle im Schmiedefeuer.
Unter Erz versteht man das natürliche Vorkommen eines Metalls
in Verbindung mit einem andern Element, welche Verbindung sich so
massenhaft finden muß, daß die Abscheidung des Metalles daraus für
den Menschen lohnend wird. Als Eisenerz diente und dient auch heute
noch hauptsächlich die natürlich vorkommende Verbindung des Eisens
mit Sauerstoff, die chemisch als ein Eisenoxyd zu bezeichnen ist. Erhitzt
man das Erz mit Kohle, so bildet sich Kohlenoxydgas, das in die Luft
entweicht, und das Eisen wird in Freiheit gesetzt, „reduziert“.
Zur Einwirkung der Kohle auf Eisenerz ist nun stets eine hohe
Temperatur erforderlich, und zur Erzielung derselben muß das Feuer
mit einem Gebläse angefacht werden. In diesem Feuer wird dem Eisen—
oxyd wohl der Sauerstoff entzogen, aber das Eisen kommt nicht zum
Schmelzen, sondern bleibt als eine teigige Masse liegen. Schlägt
man mit dem Hammer darauf, so kann man sie beliebig formen, man
hat schmiedbares Eisen vor sich, welches kurzweg Schmiedeeisen
genannt wird.
Eisen wäre nun niemals das für die Menschen wichtigste Metall
geworden, wenn es uns nur als Schmiedeeisen zur Verfügung stände.
Aber Eisen kann bekanntlich auch als Stahl und Gußeisen auftreten.
Erst die chemischen Untersuchungen der letzten zwei Jahrhunderte
haben dargelegt, wodurch das Eisen sozusagen drei Metalle repräsentiert,
und zwar beruht dies auf der Menge des Kohlenstoffs, die dem fertig⸗
gestellten Eisen schließlich beigemischt bleibt. Es enthält nämlich Guß⸗
eisen 2,39/0 und mehr Kohlenstoff, Stahl 13690 und weniger Kohlen—
stoff, aber mehr als Schmiedeeisen, in dem sich nur etwa 0, 50 Kohlen⸗
stoff findet.
Im gewöhnlichen Schmiedefeuer lassen sich nun nur durch Kohle
leicht reduzierbare Eisenerze zu Schmiedeeisen verarbeiten, und an manchen
Orten, z. B. zu Damaskus oder Toledo, verstanden es die Schmiede
besonders gut, das entstehende Eisen zu veranlassen, reichlich Kohlenstoff
aufzunehmen, und so an Stelle von Schmiedeeisen Stahl zu erzeugen.
Deshalb sprechen wir noch heute von Damaszener und Toledaner
Klingen. Der anderwärts hergestellte Stahl war also von weit weniger
guter Qualität.
Im Laufe der Zeit wurden aber leicht reduzierbare Eisenerze knapp.
Man merkte, daß die schwerer reduzierbaren Erze zur Gewinnung des
Eisens aus ihnen eine höhere Temperatur brauchten, als sie das einfache