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Dritter Zeitraum: 1848—1876.
Innern Deutschlands auf unsicheren Straßen ^herbeigeschafft werden. In¬
zwischen begannen die Kämpfe um den Entsatz von Paris zunächst mit
der am frühesten organisirten Loire-Armee, indem der baierische General
von der Tann vom Kronprinzen von Preußen den Befehl erhielt, offensiv
gegen die Loire vorzurücken. Nachdem er bei Artenay (10. Oct.) eine
französische Cavallerie-Brigade über die Loire zurückgeworfen, hielt er seinen
Einzug in Orleans (11. Oct.). Als die Loire-Armee (unter General Aurelle
de Paladines) allmählich zahlreiche Verstärkungen erhalten hatte, machte
sie (Ende Odo6er) einen Angriff auf das Corps von der Tann, der Or¬
leans räumte (8. Nov.) und in einem Artilleriekampfe bei Coulmiers der
Uebermacht weichen mußte. "Diesen unbedeutenden Sieg der Franzosen, den
einzigen im ganzen Kriege, sah Gambetta schon als den Ansang des Ent¬
satzes von Paris an und sandte deshalb Truppen auf Truppen, zum
Theil unausgebildete und kaum einigermaßen ausgerüstete, um unter
Aurelle de Paladines eine mächtige Entsatz-Armee von mindestens 200,000
M. zu bilden, die von Westen oder Südwesten gegen Paris vordringen
sollte, während Trochu mit der Pariser Armee (200,000 M.) aus der
Hauptstadt ausfallen, den Umschließungsgürtel durchbrechen und dann, ver¬
eint mit Aurelle, die Deutschen bis an den Rhein verfolgen werde.
Nach dem Treffen von Coulmiers hatte der Großherzog von Mecklen¬
burg-Schwerin den Oberbefehl über die Observations-Armee erhalten, welche
der französischen Loire-Armee gegenüberstand. Mit diesem vereinigte sich
Prinz Friedrich Karl und gewann, nach einem Siege bei Beaune la
Rolande (28. Nov.), Orleans, den entscheidenden Punkt an der Loire-
Linie, wieder (5. Dec.); die französische Loire-Armee, welche Paris entsetzen
sollte, ward nicht nur hinter den Strom zurückgeworfen, sondern auch in
zwei Theile getrennt (in eine Ostarmee unter Bourbaki und eine Westarmee
unter Chanzy), gleichzeitig auch ein großer Ausfall Trochu's aus Paris
(29. Nov.—3. Dec.) zurückgeschlagen. Bedroht von den au der Loire vor¬
dringenden Deutschen, siedelte die Regierungsdelegation von Tours nach
Bordeaux über (9. Dec.). Hier entwarf Gambetta neue Pläne, von denen
er und seine Berather sich die höchsten Vortheile versprachen: Bourbaki
sollte über Dijon auf $efcm§on gehen, dort ein neues, zu Lyon gebildetes
Corps an sich ziehen, Belfort entsetzen und die Verbindung zwischen Paris
und Straßburg unterbrechen; der Marsch Bourbaki's in den Osten werde
sogleich die ganze Armee des Prinzen Friedrich Karl nach sich ziehen; turnn
sollte Chanzy, dem nur die Armee-Abtheilung des Großherzogs von
Schwerin gegenüberstehe, sich mit der Nordarmee vereinigen und gemein¬
schaftlich mit dieser gegen Paris vorgehen. Allein Prinz Friedrich Karl
blieb an der Loire zurück, um die Bewegungen Chanzy's M beobachten
und den Großherzog von Mecklenburg nötigenfalls zu unterstützen, und
als er (erst Anfangs Januar) erfuhr, daß.gegen Bourbaki andere Streit-