XILX. Die Kreuzzüge.
43
Gottfried von Bouillon Herzog von Lothringen
und dessen Bruder vor sich; es waren aber unter Peters
und einiger Deutschen Anführung schon an 400, 000 Land⸗
streicher und anderes Gesindel in verschiedenen Abtheilun⸗
gen voraus, deren aber nur wenige das gelobte Land sa⸗
hen *). Sie wollten in Ungern und der Bulgarei plün⸗
dern, und wurden theils niedergehauen, theils zu Sclaven
derkauft. Peter kam noch bis Constantinopel, wie⸗
wohl in traurigen Umständen. Er hatte zuletzt nur noch
3000 Mann, welche der griechische Kaiser Alexius aus
Barmherzigkeit verpflegte. Dieser wunderte sich nicht we⸗
nig, als bald darauf das Hauptheer, 200,000 Mann stark
(die Halfte davon waren Ritter), ohne doppelt so viel
Moͤnchen, Knechten, Kindern und Weibern, eintraf und
verflegt seyn wollte, fügte sich jedoch, und sorgte für das
Uiberfetzen nach Asien.
Tausendfältiges Elend traf die armen Kreuzfahrer.
Die listig kühnen Seldschucken machten ihnen jeden Schritt
vorwärts streitig, schnitten ihnen den Proviant ab, der in
wüsten Gegenden ohnedieß so sparlam war; jede Tagreise
kostets Hunderten daß Leben; dvon sechzigtaufend Pferden
waren in sieben Monaten nur noch zweitausend übrig.
Allen entfiel der Muth, selbst dem schwaͤrmerischen Peter;
*) Ein Priester in Lothringen war auch in Peters Fuß—
stapfen getreten, und halte gepredigt, wie dieser; aber
nur 15000 Mann zusammengebracht, die in Ungern,
wo man sie erst sicher gemacht hätte, alle niedergehauen
wurden. — Ein neuer Haufe sammelte sich dennoch,
der aus Weibern, Kindern, Moͤnchen und Greisen be—
stand, und an 20,000 Mann stark gewesen sein soll.
Ehe sie nach Asien kamen, wütheten ste in Europa ge⸗
gen die Juden, die gewürgt und geplündert wurden. Zu
Worms, wo diese Armen im bischoͤflichen Palast einge⸗
sperrt waren, würgen sich die Unglücklichen im Wahn⸗
sinn ihrer Verzweiflung selbst. Mütter ermorden die
Säuglinge. Väter und Gatten schlitzen den Toͤchtern
und Fraueu den Leib auf, damit sie nicht entehrt wer⸗
den, und Brüder und Freunde thun einander die letzte
kiebe, sich niederzustoßen.