Full text: Geschichte des Orients und Griechenlands (Bd. 1, Abth. 1)

Alexander der Große. 285 
und 7000 zu Roß zählende Heer über die Massen des Orients den glänzendsten 
Sieg davon trag1)- Durch die einem größern Heer ungangbaren assyrischen 
Gebirge-) floh Dareios nach Ekbatana. Alerandros schlug den Weg nach 
Babylon ein, das sich ihm ohne Schwertstreich ergab. Die trotz ihres Verfalls 
doch noch ungeheure und reiche Weltstadt bot dem Heer eine willkommne Rast 
von 30 Tagen. Des Königs Gedanken über die Gestaltung seines Reichs leuchten 
hervor aus dem Befehle, die zerstörten alten Heiligtümer wieder herzustellen, fo 
wie aus der Einsetzung eines Persers als Satrapen, dem ein makedonischer 
Truppenführer und ein Abgabenverwalter zur Seite gestellt wurden. Snsa 
hatte sich bereits dem unmittelbar nach der Schlacht dahin vorausgesandten 
Philoxeneos ergeben und die reicheu Schätze waren ganz unversehrt in Alerandros 
Hände gefallen. Er eilte von hier nach Persis, damit dem Feind nicht die 
Bergung oder Zerstörung der dort aufgehäuften Reichtümer gelingen möchte. 
Dnrch Schnelligkeit und Kühuheit unterwarf er die unabhängigen Berg-Urier, 
welche von jedem ihr Land Durchziehenden Tribut erhoben. Die Besetzung des 
Paßes durch den Satrapen Ariobarzanes würde zum mindesten einen langen 
Aufenthalt verursacht haben, wenn den Makedonen irgend ein Pfad durch Gebirg 
über Stock und Stein unwegsam gewesen wäre. Die geheiligten Königspaläste 
von Persepolis und Pas arg ad ä mit den ungeheueru Schätzen waren der 
Lohn der bestandnen Gefahren und Anstrengungen. Je berechtigter Alerandros 
war, jetzt im Besitz des Reichsmittelpunkts sich als den faktischen Inhaber der 
persischen Monarchie zu betrachten, um fo weniger erscheint mit seinen sonstigen 
Ansichten und Handlungen vereinbar die Rache, welche er für die einst von den 
Persern in Griechenland verübten Verwüstungen durch Niederbrennung des 
Palastes von Persepolis nahm 3). Vier Monate verweilte er in diesen Gegenden, 
seinem Heer die wol verdiente und sehr nötige Erholung gönnend^). 
5. Staunen erregt der dem Adlerflug gleichende Siegeszng Alexanders bis 
zu dem eigentlichen Mittelpunkt des Perserreichs, aber noch höhre Bewunderung 
verdienen seine fernem Unternehmungen. Er betritt bisher nur dem Namen 
nach bekannte, in Naturbeschaffenheit und Klima von der Heimat ganz verschie- 
dene Gegenden, er trifft auf Völker, welche uoch ungebildet, aber auch mit 
ungeschwächter Naturkraft, die Liebe zu ihrem Boden, Recht und Sitte gewart 
haben, und je weiter er zieht, je mehr die dem Herscher gebürenden Rücksichten 
seine Haudlungen bestimmen, um so schwieriger wird es, seine Makedonen in 
der hingebenden Begeisterung für seine Zwecke zu erhalten. Dareios hatte den 
Gedanken, mit dein Aufgebot der nordöstlichen Völker noch einmal den Kampf 
zu versuche«, aber schou die Vorbereitungen getroffen, sich nach Baktrien zurück- 
zuziehn und Alerandros durch Verwüstungen die Verfolgung zu erschweren. Im 
Frühjahr 330 zog dieser aus Persis durch Parätakeue gegen Medien, aus eine 
Schlacht gefaßt, aber drei Tagemärsche vor Ekbatana erhielt er die Nachricht ^), 
daß Dareios mit etwa 6000 Mann zu Fuß und 3000 Reitern fünf Tage vorher 
nach dem Norden aufgebrochen sei. Jetzt galt es Eile, um die Sammlung eiues 
neuen Heers zu verhüten. Deshalb weilte Alerandros in Ekbatana nur so 
lange, als die nötigsten Anordnungen erforderten. Die aus Persis herbeizu¬ 
1) Alerandros' ruhige Siegeögewisheit Arr. III 10. Sehr interessant ist eine 
Vergleichung der Siege bei Jssos und Gangamela mit den Schlachten bei Marathon 
und Platää. — 2) Ärr. III 16, 1 n. 2. — 3) Ich gebe der nüchternen Darstellung 
von Arriau III 18, 11 f. den Vorzug vor allen andern. Möglich, daß bei den nn- 
ruhigen Bewegungen in Griechenland (s. unten) Alexaudroö eine seinen fri'chern Er- 
klärnngen entsprechende Befriedigung des Nationalgefühls rätlich erschien. — 4) Plut. 
Al. 37. — 5) Durch Vistanes, s. 8 101, 3 Amn. Arr. III 19, 4.
	        
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