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J07. Die Drohnenschlacht.
Bleibt nach dem Hochzeitsausflug der Königin der Himmel noch klar
und die Luft warm, sind die Blumen noch ergiebig an Nektar und Pollen,
so dulden die Arbeitsbienen in einer Rrt von Nachsicht und Vergeßlichkeit
noch eine Zeitlang die lästige und verderbliche Rnwesenheit der Drohnen.
Diese gebärden sich im Stocke wie die Freier der Penelope im Palast des
Odysseus. Sie tafeln und schmausen und führen das müßige Leben von
verschwenderischen und rücksichtslosen Ehrenliebhabern, selbstzufrieden
und breitspurig, wie sie sind, versperren sie die Gänge, verstopfen die Tore,
stören die Rrbeit, rempeln und werden gerempelt und stehen blöde und
wichtig da, von blinder, gedankenloser Verachtung aufgeblasen, und
ohne eine Rhnung von der Erbitterung, die sich still häuft, und dem
Schicksal, das ihrer harrt. Um nach Herzenslust zu schlafen, wählen sie
sich die wärmste Ecke des Stockes zur Ruhestätte, erheben sich lässig, um
aus den offenen Honigzellen, die am schönsten duften, nach Belieben zu
saugen, und beschmutzen die Waben, aus denen sie sitzen, mit ihrem Unrat.
Die langmütigen Rrbeitsbienen gedenken der Zukunft und machen den
Schaden stillschweigend wieder gut.
von Mittag bis um drei Uhr, wenn die Landschaft in bläulichem
Sommerduft liegt, fliegen sie aus. Sie tragen einen Helm aus riesigen
schwarzen perlen mit zwei hohen lebendigen Federn, ein Wams von falbem
Lammet mit lichten perlen, ein zottiges Fell und einen vierfachen, starren,
durchscheinenden Mantel. Dabei machen sie einen furchtbaren Lärm,
drängen die Schildwachen beiseite, stören die Lüfterinnen und rennen die
Rrbeitsbienen um, die, mit ihrer Tracht beladen, heimkehren. Sie haben
das geschäftige, auffällige und rücksichtslose Ruftreten von unentbehrlichen
Göttern, die geräuschvoll nach einem großen, dem niederen Volke un¬
bekannten Ziele aufbrechen. 5o vertrauen sie sich nacheinander stolz und
unwiderstehlich dem weiten Luftraum an, um sich alsbald friedlich auf
die nächsten Blumen niederzulassen und ihr Mittagsschläfchen zu halten,
bis die abendliche Kühle sie wieder aufweckt. Dann kehren sie in demselben
gebieterischen Fluge in den Stock zurück, laufen dort, stets von der gleichen,
unentwegten Rbsicht erfüllt, wieder an die Honigbehälter, stecken den Kopf
bis zum halse hinein, saugen sich wie Schläuche voll, um ihren erschöpften
Kräften aufzuhelfen, und schreiten dann wieder schweren Schritts zum
Lager, wo der gute Schlaf ohne Sorgen und Träume sie bis zum nächsten
Mahle umfängt.
Rber die Geduld der Bienen reicht nicht so weit wie die der Menschen.
Eines Morgens läuft die längst erwartete Losung durch den Stock, und
die friedlichen Rrbeitsbienen werden zu Richtern und Henkern. Man weiß