Full text: [Abteilung 2 = Für die mittleren Klassen, [Schülerband]] (Abteilung 2 = Für die mittleren Klassen, [Schülerband])

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den Tau in ihren Mänteln und sogen daran, ihre Lippen zu netzen. 
Da seufzte Baruch und sprach: „Gäbe ich doch gern alle Schätze, 
die das Kamel führt, und ihrer noch viel mehr aus meinen Gewölben 
in Damaskus um einen Becher des Wassers, das in meinen Gärten 
aus Marmor und Porphyr sprudelt, und alle meine köstlichen Weine 
in meinen Kellern für ein Börnlein, das unsere Zunge laben möchte!" 
— Also seufzte Baruch, und der Tag war sehr schwül, und die Hitze 
nahm überhand, und es durstete sie immer mehr, so daß ihre Seelen 
matt wurden. Da schlachteten sie eines der Kamele, aber es ward 
schier kein Wasser in ihm gesunden, woran sie sich laben möchten. 
Da that Baruch seinen Mund aus und sprach zu Malchi: „Ach, du 
inein treuer Diener und Gefährte, habe ich dich hieher geführt, das; 
du meinetwegen sterbest! Meinem Hause daheim war ich eine Plage 
in meinem Unmut, und dir nun, mein treuer Malchi, bin ich ein 
Engel des Verderbens in der Wüste! Und dennoch duldest du wie 
ein Lamm, das seinen Mund nicht austhut vor seinem Erwürger, und 
murrest nicht gegen deinen Verderber, der für deine Treue den Fluck 
über dich bringt! Ach, Malchi, wie soll ich es dir vergelten?" Also 
redete Baruch. — Aber Malchi antwortete und sprach: „Wie sollte 
ich meinem Herrn nicht gerne folgen bis in den Tod? Habe ich dock 
von deinem Brote gegessen und von deinem Weine getrunken bis aus 
diesen Tag. Habe ich der guten Tage genossen, wie sollte ick mich 
denn der bösen weigern? Möchte der Herr nur dich aus der Not 
erretten und meine Seele zum Lösegeld nehmen. Bin ich doch 
der einzelne Mann, aber es trauern um dich ein Weib und sieben 
Kindlein." 
Und als Malchi diese Worte geredet hatte, da vermochte er nickt 
ferner. Denn seine Seele wurde matt, und er sank nieder aus die 
Erde. Da brach Baruch das Herz, und er fiel auf sein Antlitz in 
seinem Jammer und weinte und sprach: „Ach, Herr, Herr, Gott des 
Himmels und der Erde, verderbe mich; denn ich bin nicht wert der 
Gnade, die du mir erzeigt hast, und die Last meiner Sünden ruhet 
schwer auf meiner Seele! Darum verderbe mich, wie es meine Thaten 
wert sind!" — Und nachdem Baruch diese Worte geredet hatte, ver¬ 
stummte er und meinte sehr. — Siehe, da kam ein Rauschen von 
fern her aus dem Felsen, gleichwie das Rauschen eines Börnleins. 
Und Baruch erhob sein Haupt und horchte; also erhob auch das Kamel 
sein Haupt und neigte das Ohr zu dem Rauschen und nahete sich denl
	        
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