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den Tau in ihren Mänteln und sogen daran, ihre Lippen zu netzen.
Da seufzte Baruch und sprach: „Gäbe ich doch gern alle Schätze,
die das Kamel führt, und ihrer noch viel mehr aus meinen Gewölben
in Damaskus um einen Becher des Wassers, das in meinen Gärten
aus Marmor und Porphyr sprudelt, und alle meine köstlichen Weine
in meinen Kellern für ein Börnlein, das unsere Zunge laben möchte!"
— Also seufzte Baruch, und der Tag war sehr schwül, und die Hitze
nahm überhand, und es durstete sie immer mehr, so daß ihre Seelen
matt wurden. Da schlachteten sie eines der Kamele, aber es ward
schier kein Wasser in ihm gesunden, woran sie sich laben möchten.
Da that Baruch seinen Mund aus und sprach zu Malchi: „Ach, du
inein treuer Diener und Gefährte, habe ich dich hieher geführt, das;
du meinetwegen sterbest! Meinem Hause daheim war ich eine Plage
in meinem Unmut, und dir nun, mein treuer Malchi, bin ich ein
Engel des Verderbens in der Wüste! Und dennoch duldest du wie
ein Lamm, das seinen Mund nicht austhut vor seinem Erwürger, und
murrest nicht gegen deinen Verderber, der für deine Treue den Fluck
über dich bringt! Ach, Malchi, wie soll ich es dir vergelten?" Also
redete Baruch. — Aber Malchi antwortete und sprach: „Wie sollte
ich meinem Herrn nicht gerne folgen bis in den Tod? Habe ich dock
von deinem Brote gegessen und von deinem Weine getrunken bis aus
diesen Tag. Habe ich der guten Tage genossen, wie sollte ick mich
denn der bösen weigern? Möchte der Herr nur dich aus der Not
erretten und meine Seele zum Lösegeld nehmen. Bin ich doch
der einzelne Mann, aber es trauern um dich ein Weib und sieben
Kindlein."
Und als Malchi diese Worte geredet hatte, da vermochte er nickt
ferner. Denn seine Seele wurde matt, und er sank nieder aus die
Erde. Da brach Baruch das Herz, und er fiel auf sein Antlitz in
seinem Jammer und weinte und sprach: „Ach, Herr, Herr, Gott des
Himmels und der Erde, verderbe mich; denn ich bin nicht wert der
Gnade, die du mir erzeigt hast, und die Last meiner Sünden ruhet
schwer auf meiner Seele! Darum verderbe mich, wie es meine Thaten
wert sind!" — Und nachdem Baruch diese Worte geredet hatte, ver¬
stummte er und meinte sehr. — Siehe, da kam ein Rauschen von
fern her aus dem Felsen, gleichwie das Rauschen eines Börnleins.
Und Baruch erhob sein Haupt und horchte; also erhob auch das Kamel
sein Haupt und neigte das Ohr zu dem Rauschen und nahete sich denl