49
19. Die Spinnerin.
Sie sitzt am flackernden Feuer und spinnt.
Ihr Rüge starrt, ihre Seele sinnt
und wandert zurück in entschwundene Zeit
und kostet noch einmal Glück und Leid.
Lin Scheit in die Flammen. Ls lodert die Glut
und rinnt und rieselt wie rotes Blut:
Die Greisin sieht — ihr zittert die Hand —
den Gatten gestürzt von der Felsenwand.
Der wackerste Führer im Glocknergebiet . ..
Vas Rädchen schnurrt sein eintönig Lied.
Lin anderes Scheit. — (D, trauriges Los:
Sie zog die drei Buben in Mühsal groß.
Der Franz, der erste, ein schmucker Gesell,
die Rügen so leuchtend und falkenhell,
so fröhlich sein herz und der Stimme Klang,
voll Lebensfreude — voll Jugenddrang . . .
er mußte zum Kriege nach welschland hinein:
Bei Solferino-
Vas Rad hält ein.
Und wieder ein Scheit in die zuckende Glut,
wie war der Nazi, der zweite, so gut!
wie eifrig ging er dem Pfarrer zur Hand
mit Rauchfaß und Glöcklein als Ministrant
und schaffte für sie, der schweigsame Sohn,
im Walde um kärglichen Lagelohn.
Doch als die tückische Seuche genaht —*
die tückische Seuche — — —
Ls säumt das Rad.
Vas letzte Scheit, vie Flamme zischt auf.
wild schwingt sich die Haspel in zornigem Lauf,
und der feine, glänzende Faden reißt . . .
ver Wenzel, das war ein Feuergeist,
der oft ihr mahnendes Wort verlacht,
der sie in Jammer und Schande gebracht.
Bei Nacht und Nebel mußt' er entfliehn —
— — wo mag er jetzt durch die Lande ziehn?
vielleicht in Llend, in Seelennot?
Lesebuch f. höh. Mädchenschulen. VII. 8.