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„Meine letzten Wünsche im Augenblick meines Todes werden dem Glücke
dieses Staates gelten; möge er der glücklichste der Staaten sein durch die Milde
seiner Gesetze, der am gerechtesten verwaltete in seinem Haushalt, der am
tapfersten verteidigte durch ein Heer, das nur Ehre und edeln Ruhm atmet,
und möge er blühend dauern bis an das Ende der Zeit!"
H. v. Treitschke, Deutsche Geschichte im 19. Jahrh.
18. Der nordamerikanische Freiheitskrieg. (1773—1783.)
Zur Zeit der Königin Elisabeth (1558—1603) führte Walter Raleigh
eine englische Kolonie nach der Ostküste von Nordamerika und nannte das
besetzte Land seiner jungfräulichen Königin zu Ehren Virginien. Im Laufe
des 17. Jahrhunderts folgte dann eine Menge neuer Niederlassungen an
dieser Küste, meist von Engländern gegründet; aber auch aus Deutschland
waren Auswanderer in die englische Kolonie hinübergezogen; zudem hatten
Schweden und Holländer eigene Niederlassungen in jenen Gegenden ge¬
gründet.
Die Einwanderer fanden dort aber nicht wie in Südamerika und Mexiko
Massen von Gold und Silber; sie mußten im Schweiße ihres Angesichts die
Urwälder ausrotten und das Feld bebauen, oder sie trieben Jagd und Fischerei
und Pelzhandel mit den Indianern und mußten gegen diese kriegerischen
Stämme ihre Besitzungen stets mit den Waffen in der Hand verteidigen. Da¬
durch wurden sie ein kräftiges, abgehärtetes Volk, dessen Liebe zur Unab¬
hängigkeit noch durch die völlige Glaubensfreiheit aller Bekenntnisse und die
ihnen von der englischen Regierung gewährten Freiheiten und Vorrechte ge¬
nährt wurde.
Nun war durch einen 7jährigen Krieg, welchen die Engländer und
Franzosen wegen ihrer Kolonien in Nordamerika geführt hatten (1756 bis
1763), die englische Staatsschuld außerordentlich gewachsen. Deshalb suchte
das Parlament die Kolonien auch zur Steuer heranzuziehen, damit sie einen
Teil der Lasten trügen, welche infolge des um sie geführten Krieges das
Mutterland drückten. Aber die Amerikaner beriefen sich auf ihr Recht, sich
selbst zu besteuern, und gestanden dem Parlament, das fern in England tagte,
die Befugnis nicht zu, sie mit Abgaben zu belasten; sie machten geltend, daß
sie in dem Krieg an Menschen und an Geld mehr geleistet hätten als England,
daß auch sie Schulden gemacht, die sie allein bezahlen müßten, und daß Eng¬
land den Krieg vorzugsweise in seinem Interesse geführt habe. Doch das
Parlament gab nicht nach; es gab im Jcchre 1765 die sogenannte Stempel¬
akte, wonach jede Urkunde in den Kolonien für ungültig erklärt ward, die
nicht auf englischem Stempelpapier ausgestellt wäre. Dagegen erhob sich der
Freiheitssinn der Kolonisten. Um den Stempel zu umgehen, verpflichtete man
sich alle Streitigkeiten durch Schiedsgerichte auszugleichen. Im folgenden