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Dagegen war C. Julius Cäsar die mächtigste Natur, welche jemals auf
römischem Boden erwuchs. Er war geboren im Jahre 100 als der Sprößling
eines alten patrizischen Geschlechtes, doch hatte die Vermählung seiner Tante
mit Marius und seine eigene Ehe mit einer Tochter des Cinna ihn bald der
Aristokratie entfremdet und zu der Partei des Marius geführt. Sulla, dervo
die Bedeutung des jungen Mannes wohl erkannte, schonte sein Leben bei
den allgemeinen Proskriptionen nur aus Gefälligkeit gegen Verwandte, die
für ihn baten, und Cäsar verbrachte die Zeit der Herrschaft des Diktators
in Asien. Auch in der nächsten Zeit nach dem Tode Sullas machte er sich,
nach Rom zurückgekehrt, noch wenig als Politiker bemerklich, verließ viel-95
mehr die Stadt bald wieder nur sich teils in Rhodus unter der Leitung des
Molo rhetorischen Studien zu widmen teils seine schon früher begonnene
Beschäftigung mit den Kriegswissenschaften fortzusetzen. An Geisteskraft
und Willensstärke seinen Zeitgenossen überlegen bildete er so seine Anlagen
nach allen Seiten aus, daß er in der Folgezeit sich als vollendeter Meister ioo
in der Kriegskunst erwies und zugleich als unvergleichlicher Redner und ge¬
lehrter Schriftsteller glänzte. Aber auch nach seiner Rückkehr von Rhodus
schien er als Politiker keine andere Absicht zu haben als den Pompejus,
mit dessen Hause er sich auch nach dem Tode seiner Gattin durch eine Heirat
verband (67), zu verherrlichen; in diesem Sinne war er für die Gesetze des i05
Gabinius (67) und Manilius (66) tätig. In Wirklichkeit aber hielt er sich zum
Volke mit dem Bestreben, zu dem ihn seine Verwandtschaft mit Marius
selbst aufzufordern schien, das Plebejertum emporzuheben, wie es durch
Marius groß geworden war. Sein Werk war es, daß bei dem Leichenbegäng¬
nis der Witwe des Marius, welcher er als Nesse die Leichenrede hielt (68), no
die Bilder des Marius unter dem Jubel des Volkes an der Spitze des Zuges
getragen wurden, ungeachtet das Gesetz Sullas noch in Kraft war, das seinen
Gegner als Staatsverrüter erklärt hatte. Und als man später (65) eines
Morgens auf den: Kapitol die Bildsäule des Marius mit den sie umgebenden
Bildern der Siegesgöttin, glänzend vergoldet und mit Inschriften von seinen 115
Taten gegen die Cimbern geziert, aufgestellt fand, erkannte jedermann voll
Staunen in dieser Überraschung ein Wagestück Cäsars. Die Adeligen schrien
über die unerhörte Keckheit eigenmächtig bestehende Gesetze umzustoßen und
sahen die Absicht Cäsars auf die Alleinherrschaft gerichtet, die Anhänger der
Volkspartei dagegen blickten mit Freudentränen auf das Bild, durch welches 120
dem alten Vorkämpfer des Volkes das Leben wiedergegeben schien; jubelnd
strömten unzählige Menschen auf das Kapitol; man erkannte, wie stark diese
Partei sei, die jetzt an Cäsar wieder einen Mittelpunkt und Führer gefunden
hatte. Die Würde des pontikex maximu8, die er im Jahre 63 erhielt, war der
Lohn seines Auftretens. 125
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