Klee: Wieland der Schmied.
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flocke, die einen Fuß dick war, und warf sie ins Wasser, daß sie mit
dem Strome trieb. Zugleich hielt er das Schwert in den Fluß, mit
der Schneide gegen die Strömung. Als nun die Wolle an das
Schwert trieb, ward sie mitten durchgeschnitten. Da lobte der König
die Klinge und sagte, er wolle sie selber tragen. Aber Wieland
sprach: „Das Schwert ist nicht besonders gut; es muß noch besser
werden."
Hierauf ging er in seine Schmiede und zerfeilte das Schwert
gänzlich. Von den Eisenfeilspänen machte er ein neues Schwert, das
etwas kleiner war als das erste. Und wie er fertig war, kam wieder
der König zu ihm, und das Schwert gefiel ihm so gut, daß er es
gleich für sich haben wollte. Aber Wieland sagte: „Es ist zwar gut,
doch soll es noch besser werden." Darauf gingen sie an den Fluß,
und Wieland warf eine zwei Fuß dicke Wollflocke vor die Schneide,
und das Schwert durchschnitt die Wolle, wie das erste getan hatte.
Da nahm Wieland das Schwert, zerseilte es wieder und tat da-
mit genau so wie das vorige Mal. Und wie die dritte Woche uni
war, da hatte er ein Schwert geschmiedet, das war blank und glatt
und schön mit Gold verziert und hatte einen wunderschönen Griff.
Der König glaubte, niemals ein besseres Schwert gesehen zu haben,
und als sie wiederum an den Fluß gingen und Wieland eine drei
Fuß dicke und ebenso lange Wollflocke vor die Schneide warf, zerschnitt
das Schwert die Wolle so leicht wie den Fluß selbst. Da sagte der
König: „Wenn man auch die ganze Welt durchsuchte, so würde man
doch kein so gutes Schwert finden. Dieses hier will ich allzeit führen,
wenn ich mit meinen Feinden streite." Wieland versetzte: „Ich gönne
es niemand als Euch, Herr, und will es Euch gerne geben, sobald ich
die Scheide und das Gehänge dazu fertig gemacht habe." Damit war
Neiding wohl zufrieden und ging vergnügt heim in seine Halle.
Wieland aber kehrte zur Schmiede zurück, setzte sich ans Feuer und
machte ein andres Schwert, das jenem so ähnlich sah, daß man nicht
eins vom andern unterscheiden konnte. Darauf nahm er das gute
Schwert, nannte es Mimung, nach Mime, seinem alten Meister, ver¬
steckte es unter die Schmiedebälge und sprach: „Da liege nun, Mimung!
Wer weiß, wie bald ich deiner vielleicht bedarf."
Als nun der bestimmte Tag erschienen mar, ging der König mit
den anderen hinaus auf einen freien Platz. Und Amilias ging auch
mit und setzte den Helm aufs Haupt, der war wohl geglättet und ge¬
waltig hart und dick. Unterdessen war Wieland in seine Schmiede
geeilt und hatte den Mimung geholt. Jetzt zog er ihn aus der.
Scheide, trat hinter den Stuhl, auf den sich Amilias gesetzt hatte,
und legte die Klinge leicht auf seinen Hebn. Nun fragte er ihn, ob
Paldamus, Deutsches Lesebuch. Ausg. 0. Quarta. Hessen. 8