384
Scheffel.
355. Am Traunsee.
1. Schweigsam treibt mein morscher Einbaum,
Klar und ruhig wogt der See,
Purpurwarme Abendschatten
Färben der Gebirge Schnee.
2. Eines Eilands Klosterhallen
Dämmern aus der Flut empor,
Münsterglocken hör' ich schallen
Und der Schwestern frommen Chor:
3. Kompitorui fons amoris,
consolatrix tristium,
pia mater salvatoris,
have, virgo virginum!*)
-t Summend, singend, rein verklingend,
Süß ersterbend kommt der Ton,
Luft und Welle führen schwingend
Seinen letzten Hauch davon.
5. Und die Rechte senkt das Ruder,
' Im Gebet erschweigt das Herz,
Und mir ist, als trügen Engel
Eine Seele himmelwärts.
Frau Aventiure, S. i88f.
356. Der letzte Postillon.
1. Bald ist, soweit die Menschheit haust,
Der Schienenweg gespannt;
Es keucht und schnaubt und stampft und saust
Das Dampfroß rings durchs Land.
2. Und wiedrum in fünfhundert Jahr
Weiß der Gelahrteste nicht
Zu sagen, was ein Hauderer war,
Was Fuhrmanns Recht und Pflicht.
3. Nur in der Nacht der Sonnenwend',
Wo dunkle Schemen gehn,
Wird zwischen Erd' und Firmament
Ein fremd Gespann gesehn.
*) Ewiger Liebe Quell, Trösterin der Traurigen, heilige Mutter des Erlösers,
sei gegrüßt, Jungfrau der Jungfrauen.