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Man darf sich also das Tier- und Pflanzenleben der heißen Zone
nicht überall gleich entwickelt vorstellen; Steppen und Wüsten
beweisen, daß auch die heiße Zone stellenweise ebenso unfähig ist
zahlreiche Tier- und Pflanzengattungen hervorzubringen wie die
kalte Zone. Wo aber Humuserde, Wärme und Feuchtigkeit in
der heißen Zone zusammenwirken, da entwickeln sich pflanzen-
und formenreiche Wälder, da prangen die Blumen in grelleren,
satteren Farben, da geht die Größe von Pflanze und Tier über
das gewöhnliche Maß oft hinaus, da zeigt sich eine Mannig¬
faltigkeit und Abenteuerlichkeit von Form und Farbe, die uns
in Erstaunen setzt.
Um uns ein einheitliches Bild einer tropischen Landschaft
zu verschaffen, treten wir in einen südamerikanischen Urwald.
Mächtige, von Moos, Krautfarn und Bärlapp bekleidete
Felsblöcke, sturmgeknickte, halbvermoderte Niesenstämme und un¬
durchdringliche Wirrnisse von Schlingpflanzen erschweren das Vor¬
dringen sehr, wenn man nicht den Pfaden folgt, die das Wild
gebahnt hat.
Aus den dunkeln Laubmassen ragen kühn schlanke Palmen
empor, in deren Schatten die Vanille ihre zarten, weißen Blüten
entfaltet. Berauschender Duft von Balsam und Bisam dnrchwürzt
die Luft. Die abenteuerlichsten Blattgestalten und Farne sprießen
aus den Spalten der vielfarbigen Rinde mancher Baumriesen,
gegen die unsre mächtigsten Eichen wie Zwerge erscheinen. Manns¬
dicke Lianen schlingen sich von Baum zu Baum, steigen von der
Erde bis zum höchsten Wipfel und lassen sich in wunderlichen
^ Windungen aus schwindelnder Höhe wieder herab zur Erde.
Hier blüht die Kakaobohne, dort finden wir Chinabaum, Ingwer-
gewächse, Paradiesfeigen, Kautschuk- und Gummilackbaum; zwischen
die gefiederten Blätter des Mahagonibaumes drängen sich die
weißgelben Blüten, aus denen sich faustgroße Samenkapseln ent¬
wickeln. Die phantastischen Riesenblnmen der Orchideen prangen
in den glühendsten Farben. Erstaunlich große, farbenprächtige
Schmetterlinge segeln durch die Luft, metallisch schimmernde
Prachtkäfer kriechen an den Stämmen hinauf, schrillschreiende
buntfarbige Papageieil klettern in den Kronen der Palmen, un¬
zählige Zikaden singen im Laubgrün; und nun scheinen gar die
