Full text: Prosa (Teil 8, [Schülerband])

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gehen und mich der himmlischen Vernunft zu fügen. Auf der Erde 
werde ich also keine Engel des Himmels suchen, deren keinen mein 
Auge je gesehen hat; aber Erdbewohner, Menschen werde ich auf ihr 
finden wollen und mit allem vorlieb nehmen, was die große Mutter 
hervorbringt, trägt, nährt, duldet und zuletzt liebreich in ihren Schoß 
aufnimmt. Ihre Schwestern, andre Erden, mögen sich andrer, auch 
vielleicht herrlicherer Geschöpfe rühmen und freuen können; genug, auf 
ihr lebt, was auf ihr leben kann. Mein Auge ist für den Sonnenstrahl 
in dieser und keiner andern Sonnenentfernung, mein Ohr für diese 
Luft, mein Körper für diese Erdmasfe, alle meine Sinnen aus dieser 
und für diese Erdorganisation gebildet: demgemäß wirken auch meine 
Seelenkräfte; der ganze Raum und Wirkungskreis meines Geschlechts 
ist also so fest bestimmt und umschrieben als die Masse und Bahn der 
Erde, auf der ich mich ausleben soll; daher auch in vielen Sprachen 
der Mensch von seiner Mutter Erde den Namen führt. 
Je in einen größern Chor der Harmonie, Güte und Weisheit aber 
diese meine Mutter gehört, je fester und herrlicher die Gesetze sind, auf der 
ihr und aller Welten Dasein ruht, je mehr ich bemerke, daß in ihnen 
alles aus einem folgt und eins zu allem bient, desto fester finde ich auch 
mein Schicksal nicht an den Erdenstaub, sondern an die unsichtbaren 
Gesetze geknüpft, die den Erdstaub regieren. Die Kraft, die in mir 
denkt und wirkt, ist ihrer Natur nach eine so ewige Kraft als jene, 
die Sonnen und Sterne zusammenhält; ihr Werkzeug kann sich abreiben, 
die Sphäre ihrer Wirkung kann sich ändern, wie Erden sich abreiben 
und Sterne ihren Platz ändern; die Gesetze aber, durch die sie da ist 
und in andern Erscheinungen wieder kommt, ändern sich nie. Ihre 
Natur ist ewig wie der Verstand Gottes, und die Stützen meines 
Daseins, nicht meiner körperlichen Erscheinung, sind so fest als die Pfeiler 
des Weltalls. Denn alles Dasein ist sich gleich, ein unteilbarer Be¬ 
griff, im Größesten sowohl als im Kleinsten ans einerlei Gesetze ge¬ 
gründet. Der Ban des Weltgebäudes sichert also den Kern meines 
Daseins, mein inneres Leben, auf Ewigkeiten hin. Wo und wer ich 
sein werde, werde ich sein, der ich jetzt bin, eine Kraft im System aller 
Kräfte, ein Wesen in der unabsehlichen Harmonie einer Welt Gottes. 
Johann Gottfried von Herder. 
2. 0er gestirnte Bimmel. 
,*g)£tter allem, was wir sehen können, gibt es wohl nichts, was 
den Geist mehr erhebt und ihn aus einmal mit größeren 
Gedanken und Empfindungen bestürmt oder durchströmt als den 
Anblick des gestirnten Himmels. Wer da ungerührt und unempfind- 
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