Full text: [Band 2, [Schülerband]] (Band 2, [Schülerband])

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Leuthen in schiefer Schlachtordnung gestellt, machten den Anfang 
mit einer großen Kanonade. Die Stellung der Russischen war ein 
in ihren Türkenkriegen gebräuchliches ungeheures Viereck, in dessen 
Mitte sich ihre Reiterei, ihre Bagage, und das Reserve-Corps 
befand: eine Stellungsart, die bei einer Schlacht die schlechteste 5. 
unter allen ist, da sie der Armee sowohl zum Angriff als zur Ver¬ 
theidigung alle Thätigkeit raubt, und durch welche auch vor 1800 
Jahren die Römer unter Crassus Anführung in der schönsten Ebene 
von den Parthern geschlagen wurden. So wie die Bogenschützen 
dieses letztern Volkes ihr Ziel auf die zusammengedrängten Legionen 10. 
nicht verfehlten, so thaten auch hier die Kanonenkugeln eine schreck¬ 
liche Wirkung auf die so unschicklich gestellten Russischen Menschen¬ 
massen. Bei einem Grenadierregiment traf eine einzige Kugel 42 Mann, 
die theils getödtet, theils verwundet wurden. Ueberdem richteten sie 
eine grausame Verwirrung unter der Bagage an: die Pferde rissen 15. 
mit ihren Wagen aus und brachen durch die Glieder, so daß man 
diesen Troß bald aus dem Quarre herausschaffen mußte. Der 
linke Flügel der Preußen avancirte indessen so hitzig, daß er eine 
Flanke bloßgab. Diesen Umstand nutzte die russische Cavallerie, in 
die Preußische Infanterie einzudringen, und einige Bataillone aus 20. 
dem Felde zu schlagen. Fermor glaubte schon völlig gesiegt zu 
haben: er ließ das Quarrü von allen Seiten öffnen, um den Feind 
zu verfolgen. Dies geschah auch mit einem lauten Siegesgeschrei; 
allein die Russen waren noch nicht weit gekommen, als sie 
schon in große Unordnung geriethen. Das Hintertreffen, das vor 25. 
Staub und Dampf nichts erkennen konnte, feuerte auf das Vorder¬ 
treffen. 
Der General Seydlitz rückte indessen mit der Preußischen 
Cavallerie in drei Colonnen an, und warf die Russische über den 
Haufen, die jetzt auf ihre eigene Infanterie getrieben wurde. Ein 30. 
anderes Corps Preußischer Reiter stürzte zu gleicher Zeit auf die 
Russische Infanterie. Sie hieben alles ohne Gnade nieder, was 
ihr Schwert nur erreichen konnte. Einige Regimenter Preußischer 
Dragoner ließen sich durch das brennende Zorndorf nicht abhalten, 
sondern trabten durch die Flammen auf die Russen zu; auch Seydlitz, 35. 
der mit der feindlichen Cavallerie ganz fertig geworden, unb was 
noch nie erhört war, mit seinem Cuirassierregiment, den Degen in 
der Faust, eine Batterie von schweren Kanonen angegriffen und 
erobert hatte, folgte jetzt dieser neuen Siegesbahn. Das Russische 
Fußvolk wurde nun von allen Seiten in der Flanke, auf der Fronte 40. 
und im Rücken angefallen, und ein entsetzliches Blutbad angerichtet. 
Diese Krieger stellten den Preußen noch nie erlebte Schlachtscenen 
dar. Hatten sie gleich, als Haufen betrachtet, ihre Stellungen in 
ihren Linien und Abtheilungen verlassen, so standen sie doch als 
einzelne Menschen wie Bildsäulen in ihren Gliedern, nachdem sie 45. 
ihre Patronerl verschossen hatten. Es war jedoch nicht jene be- 
wurlderungswerthe Tapferkeit, aus Ruhrrrbegier oder Vaterlandsliebe 
ihren Posten bis auf den letzen Augenblick zu behaupten, denn sie 
wehrten sich fast nicht in dieser Lage; vielmehr war es ein Stumpfsinn, 
Mager, Deutsches Elementariverk. I. 2. Zehnte Ausl. 21
	        
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