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Die Magier kamen, doch keiner verstand
Zu deuten die Flammenschrift an der Wand.
Belsazar ward aber in selbiger Nacht
Von seinen Knechten umgebracht.
H. Heine.
38. Barbarossa im Kysfhäuser.
Auf dem Berge steht der Hirte,
Seine Heerde Pflegt der Ruh';
Und des Sturmes Flügel sausen
Um die Warte von Kyffhausen,
Und der Hirte hört ihm zu.
Und er denkt, der heit're Knabe,
Jener Sage, wundervoll,
Daß im Berg ein alter Kaiser,
Daß der Rothbart im Kysfhäuser
Längst verzaubert schlafen soll.
„Möchte wohl den Alten schauen!"
Spricht der Knab' im kühnen Muth;
„Will ein höfisch Liedlein greifen!"
Und schon fliegt sein Helles Pfeifen
Ueber'n Wald hin, fein und gut.
Und er ruft: „Hastdu's vernommen,
Alter Kaiser Friederich?
Grauer Schläfer in der Erde,
Komm und segne meine Heerde,
Dieses Stücklein war für dich!"
Horch, da rauscht's im Thurmgemäuer,
Und der Schäferknab' erbebt,
Als ans dornigem Gestrippe,
Ueber einer Felsenklippe,
Sich ein Greisenantlitz hebt.
„Sprich, wem ist dein Spiel er¬
klungen ?"
Fragt der Greis mit mildem Blick;
Und es wächst der Muth dem Jungen:
„Kaiser Friedrich ist's erklungen!"
Ruft sein kecker Mund zurück.
Und der Alte tritt ihm näher,
Faßt ihn an mit kalter Hand:
„Hast dem Kaiser du hofieret,
Lohn' er dir, wie sich gebühret!"
D'rauf er schnell mit ihm verschwand.
Tief im Schooß des Berges springet
Eine Pforte klingend auf.
Mächtig wölbet sich die Halle,
D'rin des Kaisers Diener alle
Goldgerüstet stch'n zu Häuf.
Neigen tief sich vor dem Greise,
Tief sich vor dem Silberhaar,
Und der Knabe sieht befangen,
Wer mit ihm herabgegangen,
Wer sein grauer Führer war.
Und der Kaiser spricht voll Hoheit:
„Dieser Knab' hat uns geehrt!"
Und er zeigt ihm Wehr und Fahnen,
Wappenschilder grauer Ahnen,
Manchen Helm und manches Schwert.
Bricht von einem güld'nen Handfaß
Einen Fuß und reicht ihm den:
„Nimm zum Lohn die kleine Gabe,
Und nun geh', mein wack'rer Knabe,
Künde, was du hier geseh'n!"
Spricht: „Wann sich die Zeit er¬
füllet,
Löst uns Gott aus diesem Band,
Und dann soll vor unsern Streichen
Bald der stolze Türk' entweichen,
Frei dann wird das heil'ge Land!"
Bei der Heerde stand der Knabe,
Wußte nicht, was ihm gescheh'n.
Hielt das Kleinod in der Linken,
Sah's im Abendstrahle blinken,
Hatte Schön'res nie geseh'n. —
Schläfst noch immer, alter Kaiser?
Tritt hervor, du Kraftgestalt!
Wappne deine Mannen prächtig!
Sieh', der Türk' ist noch gar mächtig!
Barbarossa kommst du bald?
L. Bechstein.
39. Hans Euler.
„Horch, Marthe, draußen pocht es! Geh', laß den Mann herein!
Es wird ein armer Pilger, der sich verirrte, sein. —
Grüß' Gott, du schmucker Krieger! Nimm Platz an unserm Tisch!
Das Brod ist weiß und locker, der Trank ist hell und frisch."
„Es ist nicht Trank, nicht Speise, wonach es noth mir thut;
Doch so Ihr seid Hans Euler, so will ich Euer Blut!
Wißt Ihr, vor Monden hab' ich Euch noch als Feind bedroht:
Dort hatt' ich einen Bruder, den Bruder schlugt Ihr todt.