Full text: [Theil 4 = (Tertia), [Schülerband]] (Theil 4 = (Tertia), [Schülerband])

©etbei: Der Tod des Tiberius. 
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Noch leb' ich, Mensch. Und Kajus ist, wie alle. 
Ein Narr, ein Schurk', ein Lügner, nur kein Mann! 
Und wär' er's, frommt' es nicht; kein Held verjüngt 
Rom und die Welt, wie er mit Blut sie düngt. 
Wenn's Götter gab', auf diesem Berg von Scherben 
Vermöcht' ein Gott selbst nicht mehr Frucht zu ziehn; 
Und nun der blöde Knab'! Nein, nein, nicht ihn. 
Die Rachegeister, welche mich verderben. 
Die Furien, die der Abgrund ausgespien. 
Sie und das Chaos setz' ich ein zu Erben. 
Für sie dies Zepter!" — Und im Schlafgewand 
Jach sprang er auf, und wie die Glieder flogen 
Im Todesschweiß, riß er vom Fensterbogen 
Den Vorhang fort und warf mit irrer Hand 
Hinaus den Stab der Herrschaft in die Nacht. 
Dann schlug er sinnlos hin.-Zm Hofe stand, 
In sich vertieft, ein Kriegsknecht auf der Wacht, 
Blondbärtig, hoch. Zu deffen Füßen rollte 
Des Zepters rundes Elfenbein und sprang 
Vom glatten Marmorgrund mit Hellern Klang 
An ihm empor, als ob's ihn grüßen wollte. 
Er nährn es auf, unwissend, was es sei. 
Und sank zurück in seine Träumerei. 
Er dacht' an seinen Wald im Weserthal; 
Die düstern Wipfelkronen sah er ragen; 
Er sah arn Malstein die Genossen tagen. 
Blank jedes Wort wie ihrer Streitaxt Stahl, 
Und treu die Hand zum Sühnen, wie zum Schlagen. 
Und an sein liebes Weib gedacht' er dann; 
Er sah sie sitzen an des Hüttleins Schwelle 
Im langen, gelben Haar, wie sie, mit Schnelle 
Die Spindel wirbelnd, in die Ferne sann, 
Wohl her zu ihm; und vor ihm spielt' arn Rain 
Sein Knabe, der den ersten Speer sich schnitzle. 
Und dem so kühn das blaue Auge blitzte. 
Als spräch's: „Ein Schwert nur, und die Welt ist mein!" 
Und plötzlich floß dann — wie, verstand er kaum — 
Ein andres Bild in seinen Heimaistraum: 
Vor seine Seele drängt' es sich mit Macht, 
Wie er unlängst in heißen Morgenlanden 
Als Wacht an eines Mannes Kreuz gestanden. 
Bei dessen Tod die Sonn' erlosch in Nacht. 
Wohl lag dazwischen manch durchstürmter Tag; 
Doch konnt' er nie des Dulders Blick vergessen, 
Darin ein Leidensabgrund, unermessen. 
Und dennoch alles Segens Fülle lag. — 
Und nun — wie kam's nur? — über seinen Eichen 
Sah er dies Kreuz erhöht als Siegeszeichen
	        
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