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gange des Thals saßen seine Dedetten, um ihn bei herannahender Gefahr
sogleich zu benachrichtigen. — Warum er hier versteckt blieb, warum er
nicht schnell seinen Bart entfernte und in anderer Kleidung, unerkannt,
von Joch zu Joch fliehend, durch die ihm so wohlbekannten Thäler
Oesterreich zu erreichen suchte? Das gewöhnliche Urtheil spricht ihm im
entscheidenden Augenblick rasche Ueberlegungskraft und Geistesgegenwart
ab. Ich kann mich dieser Meinung nicht anschließen. Die edle Natur
Hofers war zur Flucht und Verstellung nicht gemacht; er hoffte, gerecht-
' fertigt von der Welt, anerkannt von dem Volke und geachtet von dem
Feinde, aus seiner Verborgenheit hervortreten zu können; er glaubte an
eine Amnestie für sich und die Seinigen, nachdem die Händel vollkommen
geschlichtet sein würden.
Der an ihm verübte Verrath ist dem Geistlichen Douay aufgebür¬
det worden. Der Geistliche hatte seine Vertheidigung gegen diese freche,
auf nichts begründete Anklage niedergeschrieben, er erhielt jedoch nicht
die Erlaubniß, sie der Oessentlichkeit zu übergeben. Er ist nun todt; in
Tyrol glaubt niemand an seine Verrätherei. Die allgemeine Stimme
nennt einen Passeyrer, der früher mit Hofer in Zwist gelebt, als den,
der ihn verrathen. Dieser Mann trug nach dem Ereigniß die Verach¬
tung aller übrigen und mußte, der ewigen Verfolgung müde, das Land
verlassen. Er wandte sick nach Baiern. wo er als Wegeausseher eine
Anstellung erhalten haben soll; der Lohn, der ihm von den Franzosen
Ar seine schnöde That zu theil ward, ist aber nur sehr gering gewesen.
In Passcyer selbst hörte ich zum erstenmale über Hofers Gefangenneh-
wung eine neue Angabe. Ein Hirt suchte ein verlaufenes Stück seiner
Heerde. Hofer erblickte ihn, und da er auch von ihm schon bemerkt
worden war, so bietet er ihm drei Kronen und bittet ihn, er möge ihn
Acht verrathen. Kurze Zeit darauf soll er gefangen genommen sein.
Die Geschichte ist nicht haltbar und durchaus unverbürgt.
Als die Franzosen ins Thal zogen, eilte keiner von den in Salt-
haus aufgestellten Spähern zu dem verlornen Manne, desten Stunde
gekommen war. Am 20. Februar 1810 starb er den Opfertod. „Ade
mein schnede Welt, (schließt er seinen Abschiedsbrief.) so leicht kombt
mir das sterben for, das mir nit die äugen nass werden, geschrieben
um 5 urr in der Frue, und um 9 urr reis' ich mit der Hilfe aller heiligen
zu gott."
Die Ehren und Belohnungen, welche später der edle Kaiser auf
vw Familie seines getreuen Dieners häufte, haben im eigentlichen Tyrol
nicht überall den Beifall gesunden, den man sich hätte versprechen sollen.
Wahrend in der Gegend von Insbruck alles von dieser gerechten Aner¬
kennung durchdrungen ist und sich, wie billig, einen Theil der Glorie
zumipt, meinen einige in Hofers Heimat und deren nächster Umgebung,
me Tyroler Treue hätte noch ein anderes Denkmal verdient, als das
Standbild des Sandwirths, dessen kolossale Größe ihnen nicht kolossal genug
erscheint; die Verwöhnten messen eben alles nach ihren Riesenfelsen', und
da erscheint denn der Stein in der Hofkirche zu Insbruck freilich winzig.
Nach ihrer Meinung hätte der gesamten Schilderhebung ein Denkmal errichtet
werden und Hofers Namen darauf neben andern glänzen müssen. Die
Wohlthaten aber, deren sich seine Familie erfreut, und die einer gerechten,
gütigen Regung in dem Herzen des Kaisers entquollen, können nur von