215. Der Maikäfer.
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Winter vorüber ist, uns verkündigen, die Zeit sei wiederum da, der
unsere Herzen in den Tagen voll Schnee und Eis so sehnsuchtsvoll ent¬
gegenschlagen.
215. Der Maikäfer. [I.]
Von Karl Ruß.
In der freien Natur. Berlin 1865. S. 379.
Im wundervollen Monat Mai, wenn alle Knospen sich öffnen,
alles tierische und Pflanzenleben in üppiger Fülle sich entwickelt, da
kommt auch der Käfer tief aus dem dunklen Schoß der Erde empor, der
nach diesem Jahresabschnitt seinen Namen trägt. Seine Bedeutung für
das Frühlingstreiben der Jugend in Stadt und Land, eben so aber auch
den bebeutenben und zugleich so nachhaltigen Schaden, welchen er im
Haushalte der Natur hervorbringt, dürfen wir wohl als allgemein be¬
kannt voraussetzen. Wir wenden uns daher zunächst zu seinem Wert
im Dienste des Menschen und wollen dann seine Entwicklung verfolgen.
Außerdem, daß so mancher Junge die von ihm zum lustigen Spiel
eingefangenen Maikäfer schließlich mit großem Behagen verzehrt und ver¬
sichert, sie schmecken wie Nußkerne, werden diese Tiere auch häufig, nach
Art der gebrannten Mandeln, in Zucker gesotten und als Leckerei gegessen.
In neuester Zeit bereitet man aus ihnen auch eine Suppe, welche be¬
sonders für entkräftete Kranke von großem Werte sein, krebsähnlich
schmecken und sehr angenehm duften soll. Sodann werden die Maikäfer
zur Mast für Schweine, Hühner und Enten und zur Bereitung eines
vorzüglichen Düngers benützt. Den massenhaftesten Gebrauch macht man
jedoch von ihnen zur Gewinnung eines als Wagenschmiere, Brennmaterial
und sogar als Speiseöl geschätzten -Öles, das man in erhitzten Pfannen
aus ihnen preßt. Ferner stellt man aus ihnen eine braune Farbe und
schließlich durch Zusammenglühen mit Eisenhammerschlag und Pottasche
das in der Färberei und Schlosserei nutzbare Blutlaugensalz dar. Den
größten Vorteil gewinnt man jedoch unstreitig von ihnen, wenn sie zur
rechten Zeit für diese oder andere Zwecke eingesammelt werden — bevor
sie Baum und Strauch, Gras und Kraut völlig kahl gefressen haben.
Das Maikäserweibchen gräbt sich etwa einen bis zwei Decimeter
tief in den lockeren Sand oder Kalkboden hinein und legt hier in ver-