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46. Weihnachten in Luthers Familienkreis.
Schleudern und Feldgeschütz, wir wollen sie so nach Hause schicken, daß je
zwei den dritten schleppen."
Aber der Burggraf meinte, nun sei's des Frevels genug, nun müsse
man ein Ende machen, verband sich mit benachbarten Herzögen und Fürsten
Sund verabredete mit ihnen, vier Heere aufzustellen; diese wollten sie an ein
und demselben Tage vor vier Raubschlösser führen und sie belagern. So
geschah's auch. Der Burggraf selbst zog vor Friesack, wo Dietrich von
Quitzow hauste. Er führte schweres Geschütz in seinem Heere, beschoß die
Burg und warf mit den schweren Steinkugeln die dicken Mauern zusammen.
10 Als Dietrich die Bresche sah, entfloh er heimlich, ließ das Schloß dem
Burggrafen und ging in die Fremde.
So war auch Hans von Quitzow auf Plaue eingeschlossen worden.
Als aber die dicken Mauern, auf die er seine Hoffnung gesetzt hatte, unter
seinen Augen zerfielen, machte er sich eben, wie sein Brnder Dietrich, davon
15 und gedachte zu entrinnen. Die Bürger von Brandenburg, die an der
Havel mit ihren Büchsen Wache hielten, wurden's aber gewahr, als er mit
drei Pferden davonritt, und sagten's den Herren an, so daß diese ihm bald
zu Roß und Fuß nachjagten. Hans Quitzow merkte, daß er verfolgt wurde,
stieg vom Pferde, lief in den Busch und hoffte sich darin zu verbergen.
20 Die Knechte aber spürten ihn auf, zogen ihn hervor und brachten ihn nach
Plaue, wo sie ihn in den Stock setzten.
So fand die Herrlichkeit der Brüder ein Ende, und ihre Vettern und
Freunde beugten sich vor dem Burggrafen.
Darauf übergab der Kaiser die Mark dem Burggrafen feierlich zu
25Lehen, wie es Recht und Sitte war im alten Reiche. Wilhelm Pfeifer*
46. Weihnachten in Luthers Familienkreis.
(*^er 24. Dezember des Jahres 1538 neigt sich zu Ende. Es fängt be-
^ reits an, dunkel zu werden. Auf den Gassen Wittenbergs liegt tiefer
Schnee, eine grimmige Kälte und die bevorstehende Feier der stillen und
30 heiligen Nacht hält groß und klein in den Stuben zurück; nur ein älterer
Herr und seine Frau, in Pelze gehüllt, streben raschen Schrittes dem ehe¬
maligen Augustinerkloster zu. Lukas Kranach ist es, der Hofmaler des
Kurfürsten, und seit einem Jahre auch Bürgermeister in Wittenberg, mit
seinem Ehegemahl. Sie sind von Luther zur Christbescherung eingeladen,
35 die sich im vorigen Jahre zu einem gar schönen und fröhlichen Feste ge-