Laute lassen die Flüge dieses scheuen und schönen Vogels öfters auch
in klaren Mondnächten stundenlang vernehmen. Nunmehr haben sie
sich auf ihren Schlafräumen niedergelassen, und die mächtigen Schatten¬
risse bilden ein prachtvolles Glied der hier versammelten Vogelwelt.
Tiefer senkt sich die Dunkelheit herab, überraschend schnell vollzieht
sich der äquatoriale Sonnenuntergang. Große Flüge von Gänsen und
Enten hatten sich vorher noch zum abendlichen Striche in die Luft
erhoben; seltsame Laute im Sumpfe verraten fortdauernd die An¬
wesenheit vieler versteckter Sumpfbewohner aus der Vogelwelt, und das
Spinnen der zahlreichen Ziegenmelker erreicht seinen Höhepunkt.
Ist uns die Stunde ausnahmsweise günstig, so trifft unser Ohr
schon jetzt ein langgezogener, dröhnender, in dumpfen Zwischenräumen
dahinrollender, langsam ersterbender Laut. Der König der Tiere rüstet
sich zum Beutezuge, und seine mächtige Stimme verleiht für kurze Minuten
dem tropischen Abende seinen höchsten Zauber, seinen größten Reiz.
Wo auch das Auge hinblickt, schimmern gleich den Leuchten einer
unsichtbaren Gnomenwelt, schaukelnd und auf und nieder schwebend,
Hunderte von großen Leuchtkäfern über der dunkeln, allmählich raben¬
schwarzen Sumpflandschaft. Tiefe Stille wechselt mit den vielartigen
Lauten aus zahlreichen tierischen Kehlen.
Es ist Zeit, uns zum Lager zu begeben. Eine der nun schon rege
gewordenen gefleckten Hyänen heult in der Richtung desselben. Zwei
Schakale antworten in der Nähe. Auf dem Heimwege wird dicht vor
uns, fast zu unseren Füßen, in riesigen Fluchten ein Stück Wild rege,
um, einen Augenblick verhoffend, im Ried zu verschwinden. Aus dem
schnaubenden Schreckton können wir auf einen Riedbock schließen. Durch
das gurgelnd zu unseren Füßen aufquellende seichte Sumpfgewässer
führt uns nun unser pfadloser Weg aus Nacht, Sumpf und Wildnis
zum sicheren Lager, dessen zahlreiche Feuer, in der Ferne aufflackernd,
freundlich als Wegweiser dienen.
120. Cbinetiicber und leine Metropole.
Von 6rnTt von HeNe-Marlegg.
Velhagen & Klasings Monatshefte. 10. Jalirg. (1895/96.) 1. Band. 8. 330.
* 1.
Tee wird in China hauptsächlich im Stromgebiet des mächtigen
AJ Jangtsekiang gebaut. Bei Ningpo, einem der den Europäern geöff¬
neten Häfen, gedeiht er am besten, und dort war es auch eine meiner
ersten Unternehmungen, die Teepflanzungen der Umgebung zu besuchen. —
Es war Anfang Mai des Jahres 1894, und wie bei uns, so ist dieser
Monat auch in China der schönste. In den kleinen Reisfeldern unten
am Flusse prangten die kleinen Pflänzlein im herrlichsten Grün; weiter