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Der Leichenwagen wurde von acht Pferden gezogen. Hinter
demselben schritten zunächst der Kronprinz Wilhelm und sein Bruder
Heinrich, dann kamen Könige, Fürsten, Prinzen und viele andere
Leidtragende, den Schluß bildeten wieder Soldaten.
. Im Charlottenburger Schloß stand der Sohn Wilhelms des
Großen, der Kaiser Friedrich III., am Fenster; er war so krank,
daß er nicht mitgehen konnte.
Im Schloßgarten steht in stiller Einsamkeit, von Bäumen um¬
schattet, ein einfacher Tempel aus Marmor, das Mausoleum. Dort
ruht nun Kaiser Wilhelm an der Seite seiner lieben Eltern bis
znm Tage der Auferstehung.
So lange deutsche Herzen schlagen,
und frei der Rhein die Nordsee sucht,
wird man vom Kaiser Wilhelm sagen,
und preisen seines Lebens Frucht?
Was er mit schlichtem Mut errungen,
soll stehen Bleiben felsengleich!
die Alten schwören's und die Jungen:
Hie Gott der Herr und Deutsches Reich!
H. Kaiserin Augusta.
Kaiserin Augusta, die treue Lebensgefährtin des großen Kaisers
Wilhelm I., ist am 7. Januar 1890 sauft entschlafen. Sie war
eine rechte Landesmutter und sorgte besonders für die Armen,
Waisen und Kranken.
Unter ihrer Leitung haben viele deutsche Frauen einen Verein
gebildet, welcher „Vaterländischer Frauenverein" heißt. Dieser sorgt
dafür, daß den Hilfsbedürftigen und Notleidenden, so viel wie
möglich, geholfen werde.
Kaiserin Augusta besuchte auch selber die Armen und Kranken,
brachte ihnen Labung und tröstete sie. Während des Krieges mit
Frankreich ging sie in die Lazarette zn den Verwundeten und
Sterbenden, um freundliche und tröstliche Worte an sie zn richten.
Schweres Leid brachte ihr das Jahr 1888. Das Hinscheiden
des geliebten Gemahls, dem sie in allen Lebenslagen treu zur Seite
gestanden, der Tod des einzigen Sohnes und eines hoffnungsvollen
Enkels versetzten sie in die tiefste Trauer. Nur ihr starkes Gott-
vertraueu hielt sie aufrecht.
Nun ruht die verblichene Kaiserin an der Seite ihres Gemahls
im Mausoleum zu Charlottenburg.
Ihr Andenken wird im Königlichen Hause wie im Lande nie
verlöschen.