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besucht sind, birgt es oberhalb seines Eingangs das von den Russen
hochverehrte Heilandsbild von Smolensk. Wer unter demselben
hindurchgeht, hoch oder nieder, sei er Fußgänger oder Fahrender,
Einheimischer oder Fremder, wird es nicht unterlassen seinen Hut
vor demselben zu ziehen und schweigend den geheiligten Torweg
zurückzulegen.
Betritt man vom Roten Platz aus durch das Erlösertor den
inneren Raum des Kreml, so hat man zuerst zu seiner Rechten ein
Kloster, in dem der Metropolit residiert. Weitergehend erreicht man
den Platz, auf dem die berühmte Zarenglocke (Zar-Kolokol) steht.
Diese ungeheure, über 8 m hohe und 200 Tonnen schwere Glocke
russischen Ursprungs, mehrmals aus ihrer luftigen Wohnung zu
Boden gefallen, mehrmals umgegossen, hat endlich, verdorben und
zerschlagen, auf einem großen Postament Ruhe gefunden und bildet
so eine Sehenswürdigkeit Moskaus, von Neugierigen und Waren
feilbietenden Krämern umlagert. Hinter ihr erhebt sich der 82 m
hohe Glockenturm Iwan Wjelikis (Johannes d. Gr.), von dessen
Spitze man eine prachtvolle Aussicht auf die Stadt genießt. Wenn
man seinen Weg geradeaus fortsetzt, stößt man auf zwei der be¬
rühmtesten alten Kremlkirchen, den dem Erzengel Michael geweihten
Erzengeldom und die Kathedrale der Verkündigung Marias, die den
höchsten Punkt des Kreml krönt. Rechts vom Erzengeldom liegt jen¬
seit eines Platzes die Krönungskirche, vor uns der ausgedehnte
Zarenpalast und die Rote Treppe, die nur benützt wird, wenn der
Kaiser bei feierlichen Gelegenheiten die Krönungskirche besucht und
nach der Krönung sich auf dem obersten Treppenabsätze dem Volke
zeigt. Setzen wir unsere nach Westen gerichtete Wanderung fort,
so gelangen wir, zur Rechten die Hauptfront des gewaltigen Zaren¬
palastes, zur Linken jenseit der Kremlmauer die Moskwa, auf eine
großartige Terrasse, von welcher man einen unvergleichlich schönen
Blick auf das dem Kreml zu Füßen liegende Moskau hat.
Wir reißen uns von diesem Bilde los und dringen nun in die
Höfe des Schlosses ein, indem wir uns nach Norden wenden. Die
Wanderung durch den Kreml findet ihren Abschluß auf dem größten
Platze dieser wahrhaft kaiserlichen Residenz da, wo das ausgedehnte
Arsenal sich bis zum Nikolaustor in der Nähe der Nordspitze des
Kreml verläuft und durch seine kanonengespickte Außenseite einen
kriegerischen Eindruck hervorruft. An neunhundert dieser Kanonen
wurden bei dem Einfall Napoleons im Jahre 1812 erbeutet. Be-