Full text: [Teil 4 = Quarta, [Schülerband]] (Teil 4 = Quarta, [Schülerband])

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VIII. Aus der Erd- und Völkerkunde. 
abgesehen von gepflasterten Landstraßen, in den Mooren die größten 
Schwierigkeiten hat. Es ist indes nur noch eine Frage der Zeit, wann 
jene Handelswege hergestellt sein werden. 
Die Moore sind eine kaum zu erschöpfende Fundgrube; denn 
Tausende und Tausende von Fudern Torfes, die erst eine allgemeine 
Abwäsierung heben läßt, lagern noch unerreichbar in Sumpf und 
Wasser. Die Kanäle sind die Lebensadern der Moorgegenden; durch 
sie allein werden die früher grauenhaften Einöden zu blühenden Kolo- 
nieen umgeschaffen. Vor allem ist hier der großartigen Kanalanlagen 
Ostfrieslands zu gedenken, die unter dem Namen Fehne bekannt sind. 
Das Wort stammt jedenfalls aus dem Altdeutschen, wo Feen oder 
Fenne so viel als Morast bedeutet, wie denn z. B. auch Finnland 
(Fennia) von den Deutschen danach benannt wurde. Fehne aber 
nennt man jene breiten schiffbaren Kanäle, die sich unmittelbar vom 
Meere oder von der Ems tief in die Moore hinein erstrecken und zu 
beiden Seiten mit Häusern, Gärten, Äckern und Stapelplätzen versehen 
sind. Die Kolonisten nämlich, nachdem sie einige Schichten Torf ab¬ 
gegraben, haben hier den untern Boden wieder zum fruchtbarsten 
Acker- und Wiesenlande geschaffen, indem sie mit ihren Schiffen, auf 
denen sie den Torf verfuhren, als Rückfracht teils tierischen Dünger- 
aus dem Überflüsse der Marschen, namentlich aber den an organischen 
Stoffen so reichen Wattenschlick herbeibrachten, um damit den Boden 
wieder zu erhöhen und nutzbar zu machen. 
Kaum gibt es Überraschenderes als den Anblick eines solchen. Fehns. 
Stundenlang wandert man in der einsamen schweigenden Wüste; nichts 
erblickt das Auge als Moor und Heide, kein menschlicher Laut dringt 
ans Ohr; da nahet man dem Fehn, und auf einmal ist die ganze Szene 
eine andere, und das regste Leben und Treiben tritt an die Stelle der 
Einöde. Der breite Kanal dehnt sich unabsehbar dahin, eine Unzahl 
von Booten, Kähnen, kleinen Seeschiffen, ein buntes Segel- und Flaggen- 
geflatter belebt ihn; an seinen Ufern, kaum 20—30 Schritte von ein¬ 
ander, erhebt sich Haus an Haus mit freundlichem rotem Ziegeldach 
vom reinlichsten Ansehen, dahinter Blumen- und Krautgärtchen, aus 
denen mancher Fruchtbaum emporsteigt; weiterhin wogen goldene 
Saaten, leuchtende Raps- und duftende Buchweizenfelder, und dazwischen 
weidet schweres Marschvieh im üppigen Klee; dort wieder Stapelplätze 
nlit ungeheuren Torsbergen; drüben vielleicht Schiffswerfte mit lautem 
Hammergepoch; weiterhin lustig drehende Windmühlen und, wohin 
man blickt, Handel und Wandel, Arbeit, Wohlstand und Fröhlichkeit, 
so daß einem das Herz mit fröhlich wird, denn hier arbeiten nicht 
Hunderte von Knechten für einen einzigen, sondern jeder hat sein 
eigenes Haus, Ackerland und Torfgrund, wenn auch nicht in großer
	        
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