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3. Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen
und ist doch rund und schön!
So sind wohl manche Sachen,
die wir getrost belachen,
weil unsre Augen sie nicht sehn.
4. Wir stolzen Menschenkinder
sind eitel arme Sünder
und wissen gar nicht viel;
wir spinnen Luftgespinste
und suchen viele Künste
und kommen weiter von dem Ziel.
5. Gott, laß uns dein Heil schauen,
aus nichts Vergängliche trauen,
nicht Eitelkeit uns freu'n.
Laß uns einfältig werden
und vor dir hier auf Erden
wie Kinder fromm und fröhlich sein!
6. Wollst endlich sonder Grämen
aus dieser Welt uns nehmen
durch einen sanften Tod!
Und wenn du uns genommen,
laß uns in Himmel kommen,
du unser Herr und unser Gott!
7. So legt euch denn, ihr Brüder,
in Gottes Namen nieder!
Kalt ist der Abendhauch.
Verschon' uns, Gott, mit Strafen,
und laß uns ruhig schlafen
und unsern kranken Nachbar auch!
14. dem Grabe meines Oaters.
von Matthias Claudius.
Friede sei um diesen Grabstein her,
sanfter Friede Gottes! Ach, sie haben
einen guten Mann begraben,
und mir war er mehr!
2. Träufte mir von Segen, dieser Mann,
wie ein milder Stern aus bessern Welten.
Und ich kann's ihm nicht vergelten,
was er mir getan.
3. Er entschlief — sie gruben ihn hier ein.
Leiser, süßer Trost, von Gott gegeben,
und ein Ahnden von dem ew'gen Leben
duft' um sein Gebein,
4. Bis ihn Jesus Christus, groß und hehr,
freundlich wird erwecken! — Ach! sie haben
einen guten Mann begraben,
und mir war er mehr!