Das Reich der Ostgoten.
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so die Jnselstadt Venedig gründeten. Als er auch Rom bedrohte,,
wurde er durch das ehrfurchtgebietende Auftreten des Hl. Papstes
Leo des Großen zur Umkehr bewogen. Im Jahre darauf starb
der schreckliche Eroberer, und die bisher von ihm beherrschten Völker
erlangten wieder ihre Freiheit.
II. Vom Untergange des weströmischen Reiches bis zum Tode
Karls des Großen.
(476-814.)
1. Geschichte -er Ostgoten, Langobarden und Kranken.
§crs Weich der Kstgoten. GHeodericH ber Kroße (493—526).-
Die Ostgoten, welche nach Attilas Tode in Pannonien (Un¬
garn) einen eigenen Staat gegründet hatten, erhoben im Jahre
475 Theoderich, dem die Geschichte den Beinamen »der Große"
zuerteilt hat, auf den Schild. Um dem Thatendrangs seiner Goten
Raum zu geben, brach der kühne Herrscher mit seinem ganzen
Volke nach Italien auf und besiegte den Odoaker in der großen
Schlacht bei Verona (Bern), nach welcher der Ostgotenkönig in
der Sage „Dietrich von Bern" heißt. Nach der Eroberung Ra¬
vennas und der Ermordung Odoakers entstand darauf im Jahre
493 das ostgotische Reich, welches Italien, Ungarn, die südlichen
Alpenlander und Dalmatien umfaßte. Rom empfing den Sieger
mit Jubel; er ließ die Verfassung bestehen, wie sie unter den Kaisern
gewesen war, besetzte alle Ämter mit Römern und überließ diesen
auch den Betrieb des Handels und der Gewerbe. Seine Goten
blieben Krieger und erhielten den dritten Teil der Ländereien zu
Lehen. Theoderich versetzte das durch die unaufhörlichen Kriege
zerrüttete Italien wenigstens eine Zeitlang in einen Zustand der
Ruhe und des Friedens. Leider folgten dem großen Könige schwache
und unthätige Herrscher, welche seine wichtigen Errungenschaften
schon bald wieder preisgaben.
Wahrend der Regierung dieser unfähigen Ostgotenkönige
faßte der oströmische Kaiser Justinian (527—565) den Entschluß,
das alte römische Reich in seiner ganzen Ausdehnung wiederher¬
zustellen, namentlich aber Italien wiederzugewinnen. Sein Feld¬
herr Belifar setzte zunächst nach Afrika über, um das Reich der