Full text: Für Klasse III der höheren Knabenschulen, Klasse VI der höheren Mädchenschulen (Band 4, [Schülerband])

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wohl eine halbe Minute dauerte es, bis der letzte Zipfel in der 
Öffnung verschwunden war. 
4. Der Bauer ging von nun an alle Mittage in die Scheune 50 
und gab dem Männlein seine Gerstenähre, und von dieser Zeit ab 
gedieh sein Vieh auf eine wunderbare Art, obwohl es weniger 
Pflege und Futter verlangte als sonst. Es war eine Lust, diese 
runden, glänzenden Schweine zu betrachten, die so fett waren, daß 
sie kaum aus den Augen sehen konnten und sich nur mit Mühe 55 
an ihren Futtertrog schleppten. So blanke Kühe wie auf diesem 
Hofe fanden sich bald weit und breit nicht. Sie gaben ohne Ende 
fette, sahnige Milch aus ihren strotzenden Eutern, und um die 
Butter, die die Bäurin in die Stadt schickte, rissen sich die Leute, 
denn sie war frisch wie Morgemau und süß wie Nußkern. Obwohl 60 
die Pferde des Bauern alltäglich nur einige Hände voll Hafer und 
ein wenig Heu verzehrten, waren sie doch glänzend und schön, und 
fromm und feurig zugleich leisteten sie vor dem Pfluge oder dem 
Wagen doppelt ko als früher. Auch mit den Hühnern war 
es ein seltsames Dmg. Sie legten und legten fast das ganze Jahr 65 
hindurch, jegliches alltäglich ein großes, rundes Staatsei, zuweilen 
gar mit zwei Dottern, und niemals geschah es, wenn eine Glucke 
gesetzt wurde, daß sich auch nur eines von den untergelegten Eiern 
faul erwies, oder daß später von den Küchlein der Habicht oder 
der Weih eines erwischte. Dies alles gefiel dem Bauer und der 70 
Bäurin gar wohl, und da sie recht gut wußten, wem sie diesen 
Segen zu verdanken hatten, so priesen sie das kleine Männlein alle 
Tage, und niemals ward die herkömmliche Gabe versäumt. 
5. Eines Tages im Winter aber, als es bei hellem Sonnen¬ 
schein so recht Stein und Bein fror und die Eiszapfen wie gläserne 75 
Keulen von den Dächern hingen, saß der Bauer recht behaglich in 
feinem Sorgenstuhl am warmen Ofen und wartete auf. sein Mittag¬ 
essen. Es gab sein Lieblingsgericht, Schweinsrippenbraten, mit 
Pflaumen und Apfeln gefüllt, und süße Düfte dieses köstlichen Ge¬ 
richtes wehten jedesmal, wenn die Tür geöffnet wurde, verheißungs- 80 
voll aus der Küche hervor. Da er nun in der Erwartung des 
Guten so behaglich in der Wärme saß, empfand er eine Abneigung, 
hinauszugehen in den eisigen Wintertag und die kalte Scheune, 
nur um der einen kleinen Gerstenähre willen. Er rief deshalb 
feinen Knecht und sagte ihm, was er tun solle. 85 
IV. 10
	        
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