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4. Doch dir, nicht minder liebes Kind,
Dir sei der Pflug gegeben:
Im Tal, wo stille Hütten sind,
Dort magst du friedlich leben.“
5. So starb der lebensmüde Greis,
Als er sein Gut vergeben;
Die Söhne hielten das Geheiß
Treu durch ihr ganzes Leben.
6. Doch sprecht, was ward denn aus dem Stahl,
Dem Schlosse und dem Krieger?
Was ward denn aus dem stillen Tal,
Was aus dem schwachen Pflüger?
7. 0 fragt nicht nach der Sage Ziel!
Euch künden rings die Gauen:
Der Berg ist wüst, das Schloß zerfiel,
Das Schwert ist längst zerhauen.
8. Doch liegt das Tal voll Herrlichkeit
Im lichten Sonnenschimmer;
Da wächst und reift es weit und breit:
Man ehrt den Pflug noch immer.
Wolfgang Müller.
135. Eine sonderbare Wirtszeche.
1. Manchmal gelingt ein mutwilliger Einfall, manchmal kostet's
den Rock, oft sogar die Haut dazu. Diesmal aber nur den Rock.
Denn obgleich einmal drei lustige Studenten auf einer Reise keinen
roten Heller mehr in der Tasche hatten — alles war verjubelt —
5 so gingen sie doch noch einmal in ein Wirtshaus und dachten, sie
wollten sich schon wieder Hinaushelsen und doch nicht wie Schelmen
davonschleichen, und es war ihnen gar recht, daß die junge und
artige Wirtin ganz allein in der Stube war. Sie aßen und tranken
gutes Mutes und führten miteinander ein gar gelehrtes Gespräch,
10 als wenn die Welt schon viele tausend Jahre alt wäre und noch
ebenso lange stehen würde, und daß in jedem Jahr, an jedem
Tag und in jeder Stunde des Jahrs alles wieder so komme und