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und niemals bat ihn eine gestochen. Sie haben ihn aufgesucht, die 
Bienen, und auf seinen Gängen begleitet, als wäre er eine Blume 
voll Nektar und Wohlgeruch, und die Leute seines Dorfes, die das 
sahen, die haben gesagt: „Das gibt einen guten Imker!“ Und ein 
guter Imker ist er geworden. 
Nicht immer sitzt er dort in der Heide unter dem Dache seiner 
Hütte und raucht aus seiner Pfeife. Sein Auge verfolgt wie das 
Falkenauge das Tun und Treiben der ihm anvertrauten Herde. 
Manchmal verläßt er plötzlich seinen Sitz und schreitet bedächtig 
auf einen Stock zu, der anfängt, unruhig zu werden. Er will sehen, 
was das kleine \olk bewegt: ob ihm die Königin gestorben, ob ein 
Käfer sich hineinverirrt, ob eine Heidemaus Miene macht, durch die 
Hinterseite des Stockes sich einzubohren und nach dem Honig zu 
streben, ob ein Vogel auf dem benachbarten Strauche sitze und 
nach den müden, heimkehrenden Bienen schnappe, oder ob das 
Völklein sich teile und dem jungen Weisel sich anschließe zur 
Gründung einer neuen Kolonie. In allen ihren Nöten ist der Imker 
der Bienen Vertrauter und Ratgeber. Sie fliegen ihm entgegen: sie 
geleiten ihn an die streitige Stelle; sie dulden es, daß er den Stock 
öffnet und hineinschaut in ihr verborgenes Reich; ja sie lassen sich’s 
gefallen, daß er unter sie greift und sie händeweis versetzt, wohin 
er will; kein Stachel trifft ihn. Der Imker und sein Völkchen 
kennen sich und gehören zusammen. Otto Glaubrecht. 
83. Aus dem Riesengebirge. 
Das größte Gebirge in Böhmen ist das Riesengebirge und sein 
höchster Berg die Schneekoppe. Sie liegt 1605 m hoch über 
dem Meere und wird häufig von Naturfreunden bestiegen, die von 
oben herab das Land beschauen wollen. 
Die obere Fläche der Koppe ist kahl: nur hie und da steht an 
geschützten Stellen ein Vogelbeer bäum (Eberesche). Der Boden 
ist mit Flechten überzogen, unter denen eine, der Teufelsbart, be¬ 
sonders häufig vorkommt. Das isländische Moos ist wegen seiner 
Heilkraft gesucht: eine dritte Flechte, das Veilchenmoos, verbreitet 
einen lieblichen Duft. Auf den sumpfigen Hochwiesen wächst die 
Zwergkiefer, die man wohl auch mit dem Namen Knieholz be¬ 
zeichnet. 
Die Gehänge unter der Koppe sind mit dichtem Nadelwalde 
besetzt, zwischen dem sich hie und da schöne, blumige Wiesen 
finden. 
Dörfer gibt es auf dev Höhe des Gebirges nicht, nur einzelne 
zerstreut liegende Häuser, die man Bauden nennt. Sie sind größten¬ 
teils nur im Sonimer und von Hirten bewohnt, bei denen der Reisende 
ein willkommenes Obdach findet. Wer aber auch über den Winter 
in der Baude bleibt, der hat einen harten Kampf gegen das Wetter 
zu bestehen. Oft braust der Sturm auf den luftigen Höhen, daß
	        
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