Object: [Band 5 = Ober-Tertia und Unter-Sekunda, [Schülerband]] (Band 5 = Ober-Tertia und Unter-Sekunda, [Schülerband])

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lingischen verfertigt. Die Erbämter erhalten die Reichsinsignien und setzen 
sich damit zu Pferde. Der Kaiser im Ornat, der römische König im 
spanischen habit, besteigen gleichfalls ihre Rosse, und indem dieses ge— 
schieht, hat sie uns der vorausgeschrittene, unendliche Zug bereits an— 
gemeldet. Das Auge war schon ermüdet durch die Menge der reich— 
gekleideten Dienerschaft und der übrigen Behörden, durch den stattlich 
einherwandelnden Adel; und als nunmehr der Wahlbotschafter, die Erb— 
ämter und zuletzt unter dem reichgestickten, von zwölf Schöffen und 
Ratsherren getragenen Baldachin der Kaiser in romantischer Kleidung, 
zur Linken etwas hinter ihm sein Sohn in spanischer Tracht langsam 
auf prächtig geschmückten Pferden einherschwebten, war das Auge nicht 
mehr sich selbst genug. Man hätte gewünscht, durch eine Zauberformel 
die Erscheinung nur einen Augenblick zu fesseln; aber die Herrlichkeit zog 
unaufhaltsam vorbei, und den kaum verlassenen Raum erfüllte sogleich 
wieder das hereinwogende Volk. 
Nun aber entstand ein neues Gedränge; denn es mußte ein anderer 
Zugang, von dem Markte her, nach der Römertür eröffnet und ein Bretter— 
weg aufgebrückt werden, welchen der aus dem Dom zurückkehrende Zug 
beschreiten sollte. Was in dem Dom vorgegangen, die unendlichen Zere— 
monien, welche die Salbung, die Krönung, den Kitterschlag vorbereiten 
und begleiten, alles dieses ließen wir uns in der Folge gar gern von 
denen erzählen, die manches andere aufgeopfert hatten, um in der Kirche 
gegenwärtig zu sein. Wir anderen verzehrten mittlerweile auf unseren 
Plätzen eine frugale Mahlzeit; denn wir mußten an dem festlichsten Tage, 
den wir erlebten, mit kalter Küche vorlieb nehmen. Dagegen aber war 
der beste und älteste Wein aus allen Familienkellern herangebracht worden, 
so daß wir von dieser Seite wenigstens dies altertümliche Fest altertüm— 
lich feierten. 
Auf dem Platze war jetzt das Sehenswürdigste die fertiggewordene und 
mit rotgelb und weißem Tuch überlegte Brücke, und wir sollten den Kaiser, 
den wir zuerst im Wagen, dann zu Pferde sitzend angestaunt, nun auch zu 
Fuße wandelnd bewundern; und sonderbar genug, auf das letzte freuten wir 
uns anm meisten; denn uns deuchte diese Weise sich darzustellen so wie die 
natürli te, so auch die würdigste. Altere Personen, welche der Krönung 
Franz des Ersten beigewohnt, erzählten, Maria, Theresia, über die Maßen 
schön, bhabe jener Feierlichkeit an einem Balkonfenster des hauses Frauen— 
stein gleich neben dem Römer zugesehen. Als nun ihr Gemahl in der 
seltsamen Verkleidung aus dem Dome zurückgekommen und sich ihr so— 
zusagen als ein Gespenst Karls des Großen dargestellt, habe er wie zum 
Scherz beide hände erhoben und ihr den Reichsapfel, das Zepter und 
die wundersamen handschuhe hingewiesen, worüber sie in ein unendliches
	        
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