Full text: [Teil 3 = Sechstes - Achtes Schuljahr, [Schülerband]] (Teil 3 = Sechstes - Achtes Schuljahr, [Schülerband])

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5. Baue nicht auf jeden, 
stütze dich nicht auf holde Reden! 
Doch wenn ein anderer dir vertraut, 
zeig ihm, daß er auf Felsen baut! Johannes Trojan. 
6. Du kannst nicht wehren, daß die Vögel hin und her in der 
Luft fliegen; aber daß sie dir in den Haaren nisten, das kannst du 
ihnen wohl wehren. Ebenso wird keiner sein, dem nicht böse Ge¬ 
danken einfallen; aber man soll sie wieder ausfallen lassen, damit 
sie nicht tief in uns einwurzeln. Martin Luther. 
49. Der gute Knecht. 
Es war ein heißer Mittag, als der Knecht Konrad mit seinen 
Pferden vom Acker heimkam. Die beiden Pferde wurden nicht nur 
gefüttert sondern auch abgeschirrt; denn jeder weiß, daß auch ein 
Tier nicht zur rechten Ruhe kommt, solange es das Geschirr auf dem 
Leibe hat. Aber manche wollen es nicht wissen, um sich die Mühe 
des Ab- und Anschirrens zu ersparen. 
Der Knecht liebte es, nach dem Essen eine Pfeife zu rauchen, 
und mit Behagen setzte sich Konrad nach dem Mittagessen auf den 
Stein neben der Stalltüre, machte mit einem Strohhalm seinem 
Pfeifenrohre Luft und säuberte auch den Wassersack. Den runden 
Pfeifenkopf hatte er auf den Sims des kleinen Stallfensterchens 
gelegt. Als er jetzt nach dem Pfeifenkopf griff, rollte dieser hinunter 
und ganz unversehrt hinein in den Stall auf ein Bündel Stroh. 
Schon wollte Konrad in den Stall gehen, um den Pieifenkopf zu 
holen. Aber plötzlich hielt er wieder inne; denn er sah, daß die Pferde 
sich niedergelegt hatten, und wußte, daß sie alsbald aus der ihnen so 
nötigen Ruhe aufspringen würden, wenn er in den Stall träte. Er 
setzte sich daher wieder ruhig nieder und hielt das Rohr mit dem 
Wassersack rauchlos im Munde. 
Der Bauer, der alles aus seinem Fenster mit angesehen hatte, 
trat jetzt auf Konrad zu und fragte ihn: „Warum rauchst du nicht? 
Hast du deine Pfeife zerbrochen?" „Nein, sie ist nur da hinab¬ 
gerutscht; aber ich will die Gäule nicht aufwecken, ich will lieber 
warten, bis es wieder aufs Feld geht." Da reichte ihm der Bauer 
die eigene, silberbeschlagene Pfeife aus dem Mund und sagte: „Da 
nimm und behalte sie! Es wird dir gut gehen. Denn wer die Ruhe-
	        
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