Full text: Lesebuch für die Oberklassen katholischer Volksschulen

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Menge verschiedener Raupen zehrt von dem Laub und puppt sich 
am Eichenstamme ein. Schöne Eichenschmetterlinge, Spanner und 
Wickler, Minierer und Spinner kriechen aus den Puppen hervor 
und umfliegen die Eiche. Sie ist ihr Vaterland und ihr Ernährer. 
Hier schmausen Maikäfer, dort trinken Hirschkäfer den Saft der 
jungen Zweige, die sie mit ihrem zackigen Geweih zerrissen haben. 
Vögel nahen sich und fangen Fliegen, Schmetterlinge und man— 
cherlei andere Insekten, von denen der Eichbaum 537 verschiedene 
Arten ernährt. Fliegenschnäpper und Würger setzen sich auf die 
Zweige und lauern auf die Käfer. Der Laubfrosch verbirgt sich 
zwischen den grünen Blättern und fängt sich seine Mahlzeit. Der 
Specht kommt an, klopft an den Stamm und zieht die fliehenden 
Würmer ans Tageslicht. 
Im Herbste streut der Eichbaum seine reifen Früchte frei— 
gebig auf den Boden. Dann kommen die Schweine grunzend ge— 
laufen und fressen die herben Eicheln, die ihnen jedoch so gut 
schmecken, daß sie dick und fett davon werden. In der Krone aber 
sitzt der Eichelhäher mit schönen blauen Flügelfedern und hält seine 
Ernte. Eichhörnchen bauen zwischen den breiten Zweigen ihr nied— 
liches Haus und sammeln sich zum Winter einen Eichelvorrat, und 
aus einer Höhlung des Baumes schlüpft Abends der Waldkauz, um 
Waldmäuschen zu fangen. Auf dem höchsten Wipfel des Königs 
der Bäume hat der Adler seinen Horst. Aus dürren Reisern baut 
er hier sein Vest und bringt seinen Kleinen Rebhühner und Kanin— 
chen zur Suce. 
Auch „gen die Menschen zeigt sich die Eiche reich und frei— 
gebig wie ein König. Den Kindern gibt sie ihre braunen Eicheln; 
die Mädchen schnitzen sich Ohrringe und Eimerchen daraus, und 
die Knaben machen sich aus den Näpfchen kleine Tabakpfeifen. 
Auch an die armen Leute denkt die Eiche und wirft ihnen ihren 
Überfluß von dürren Ästen hin, um ihnen das Stübchen zu erwär— 
men und das Süppchen fürs Kind zu kochen. Die Rinde gibt der 
Eichbaum dem Lohgerber zum Gerben des Leders, und das Holz 
erhält der Zimmermann. Dieser schlägt die mächtigen Eichenpfähle 
in den sumpfigen Boden und baut darauf das schöne hohe Haus. 
Es gibt große Städte, deren Häuser alle auf Eichenpfählen aufge— 
baut sind. Der Schreiner aber nimmt die schweren Eichenbretter 
und macht Tische und Stühle daraus für die Wohnstube und Betten 
und Schränke für das Schlafzimmer, die prächtig anzusehen sind 
und jahrelang dauern. Am Meeresufer fertigen die Menschen aus 
Eichenholz starke Dämme, welche die wilden Wogen zurückhalten und 
das ganze Land vor Überschwemmung schützen.
	        
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