Full text: Lesebuch für die Mittelklassen der Elementarschulen in Elsaß-Lothringen

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lis Miete nicht zu zahlen vermochte. Als die Diener kamen, 
spran die Witwe: „Ach, verziehet ein wenig! Vielleicht, daß 
euer Herr sich unser erbarmt; ich will hingehen und ihn bit— 
len.“ Darauf ging die Frau mit vier Kindern zu dem reichen 
Manne; das eine aber blieb zu Hause, denn es war sehr krank. 
Alle flehten inbrünstig, sie nicht zu verstoßen, und selbst das 
kleinste rief: „Bitte, bitte!‘ — Pohl aber sprach: „Meine Befehle 
kann ich nicht ändern, es sei denn, daß ihr eure Schuld sogleich 
bezahlt.“ Da weinte die Mutter bitterlich und sagte: „Ach, 
die Pflege des kranken Kindes hat allen meinen Verdienst ver⸗ 
zehri und meine Arbeit gehindert!“ Und die Kinder flehten 
mit der Mutter, sie nicht zu verstoßen. 
Aber Pohl wandte sich weg von ihnen und ging in sein 
Gartenhaus und legte sich auf das Polster, um zu ruhen, wie 
er pflegte. Es war aber ein schwüler Tag, und dicht am 
Gartensaale floß ein Strom, der verbreitete Kühlung, und es 
war eine Stille, daß kein Lüftchen sich regte. Da hörte Pohl 
das Gelispel des Schilfs am Ufer, aber es tönte ihm gleich 
dem Gewinsel der Kinder der armen Witwe; und er ward 
unruhig auf seinem Polster. Darnach horchte er auf das Rau⸗ 
schen des Stromes, und es deuchte ihm, als ruhte er am Ge— 
ftade eines bden, großen Meeres, und er wälzte sich auf seinem 
Pfuhle. — Als er nun wieder horchte, erscholl aus der Ferne 
der Donner eines aufsteigenden Gewitters; da war ihm, als 
vernähme er die Stimme des göttlichen Gerichtes. 
Run stand er plötzlich auf, eilte nach Hause und gebot 
seinen Knechten, die arme Witwe wieder ins Haus zurückzu— 
führen. Aber sie war samt ihren Kindern in den Wald ge— 
gangen und nirgends zu finden. Unterdes stieg das Gewitter 
herauf, und es donnerte und fiel ein gewaltiger Regen. Pohl 
Wer war voll Unmut und hatte keine Ruhe, wo er auch ging, 
und wo er auch saß. Am andern Tage vernahm er, das kranke 
Kind sei im Walde gestorben und die Mutter mit den andern 
hinweggezogen. Da ward ihm sein Garten samt dem Saal 
und dem Polster zuwider, und er genoß nicht mehr die Küh⸗ 
lung des rauschenden Stromes. Bald darnach fiel er in eine
	        
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