Geschichte.
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in den letzten Jahrzehnten die deutsche Industrie genommen. Davon hat
noch jüngst die Weltausstellung in Paris ein vollgültiges Zeugnis abgelegt.
Deutschland braucht nicht mehr den Wettbewerb mit andern Völkern zu
scheuen; es will und wird seinen Platz auf dem Weltmarkt behaupten.
Unter der schwarz-weiß-roten Flagge seiner Handelsflotte wird es der alten
Hansa stolze Seekraft wieder gewinnen und sie zur Geltung bringen, wo
immer ein Kiel durch die Wogen rauscht und sich seefahrende Völker im
friedlichen Wettkampf begegnen.
Schmarje.
214h. Die deutsche Kriegsflotte.
Die Hansa war viel mehr Handels- als Kriegsmacht. Darum ver—
mochte sie gegen die stark gewordenen Seestaaten ihren Vorrang auf dem
Meere nicht mehr zu behaupten. Nicht einmal auf dem kleinen Gebiet,
das sie zur Zeit ihrer Blüte mit ihrem Handel vollständig beherrscht hatte,
konnte sie ihre Schiffe und Faktoreien vor Frevel und Gewaltthat schützen.
Darum ging sie zu Grunde.
Heute umspannt unser Seehandel die ganze Erde. Soll er vor dem
Schicksal der Hansa bewahrt bleiben, so muß er unter den Schutz einer
tüchtigen Kriegsflotte gestellt werden. Wohin auch der deutsche Kaufmann
sein Schiff sendet, muß das Ausland wissen, daß ein starker Hort darüber
wacht. Das erkannte schon der große Kurfürst, der zur Sicherung der
brandenburgischen Flagge und der in Afrika gegründeten Kolonieen mit Hilfe
des holländischen Schiffsreeders Benjamin Raule eine kleine Kriegsflotte
gründete, die sich im Kampf gegen schwedische und spanische Schiffe die
ersten kriegerischen Lorbeeren pflückte. Aber seine Nachfolger versäumten es,
das angefangene Werk fortzusetzen. Die Kolonieen wurden für 6 000 Dukaten
an Holland verkauft, und die Kriegsschiffe verfaulten in den Häfen zu
Emden und Pillau. Es schien nun, als ob der Flottengedanke in Deutsch⸗
land ein für alle Mal begraben sei. Das rächte sich schwer; denn niemals
ist die Schmach der Ohnmacht des deutschen Reiches tiefer empfunden worden
als im Jahre 1848, wo das kleine Dänemark mit nur zwei Fregatten es
wagen durfte, unsere sämtlichen Häfen zu blockieren. Da erkannte man,
wie notwendig eine deutsche Kriegsflotte zum Schutz des heimischen Handels
sei. Aber der mit großen Hoffnungen unternommene Versuch, durch Samm⸗
lungen im ganzen Volk eine leistungsfähige Flotte ins Leben zu rufen,
scheiterte kläglich. Als sich einige der schwachen Schiffe unter dem schwarz⸗
rot⸗goldenen Banner vor Helgoland auf dem Meere zeigten, erklärte das
seegewaltige England, es werde jedes Kriegsschiff, das unter dieser Flagge
fahre, als einen Seeräuber behandeln. Schon wenige Monde später fand
die deutsche Kriegsflotte ein ruhmloses Ende unter dem Hammer des Ver⸗
steigerers Hannibal Fischer. Nur zwei Schiffen, dem Barbarossa und der
Jugendfreund. 7. Auflage.
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