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Landes nicht besaßen. Wohlan: Ich sage Ihnen, unsre Stellungen
sind nicht bloß sehr stark, sie sind furchtbar und unbezwinglich.“
Auf diesen Ausfall wußte General Wimpffen keine Antwort;
denn die Tatsache war richtig und unwidersprechlich. Nach einer Pause
sagte er: „Ich werde Gebrauch machen, General, von dem Anerbieten,
das Sie beim Beginn der Besprechung mir gemacht haben; ich werde
einen Offizier beauftragen, diese furchtbaren Stellungen einzusehen,
von denen Sie sprechen, und bei seiner Rückkehr werde ich zusehen
und Beschluß fassen.“
„Sie werden niemand schicken, es ist unnütz,“ lautete die trockene Er⸗
widerung, „Sie können mir glauben; außerdem haben Sie nur noch wenig
Zeit zum Überlegen; denn jett ist Mitternacht, um 4 Uhr läuft die Waffen
ruhe ab, und ich werde Ihnen keinen Augenblick Aufschub bewilligen.“
Jetzt verzichtete General Wimpffen auf die Besichtigung und bat
nur um Frist, um seine Kollegen zu befragen; ohne diese könne er
doch seinen Entschuß nicht fassen, und da er sie zur Stunde in Sedan
gar nicht auffinden könne, so sei eine Verlängerung der Waffenruhe
ganz unerläßlich. Da General Moltke nicht nachgeben wollte, so
flüsterte ihm Graf Bismarck einige Worte zu, und das Ergebnis
war, daß die Waffenruhe bis auf 9 Uhr erstreckt ward; das sollte aber
die äußerste Frist sein, und so trennte man sich gegen 1 Uhr morgens
Da die Waffenstreckung der Armee nunmehr für zweifellos zuge—
standen gelten konnte, so wurden die Bedingungen derselben noch in
der Nacht vom Generalstabe des Großen Hauptquartiers aufgesetzt
und darin mit Rücksicht auf die tapfere Gegenwehr der Armee allen
Generalen und Offizieren, sowie den höheren Beamten mit Offiziers—
rang die Freilassung samt Waffen und Privateigentum angeboten,
wenn sie sich schriftlich mit ihrem Ehrenwort verpflichten wollten, bis
zur Beendigung des gegenwärtigen Krieges die Waffen gegen Deutsch—
land nicht zu ergreifen und in keiner Weise gegen die Interessen
Deutschlands zu handeln.
32. Ein Brief König Wilhelms J. an seine Gemahlin
nach der Schlacht bei Sedan.
v. Winterfeld, Geschichte des Krieges im J. 1870-71. Potsdam. 1872. S. 112.
Vendresse, südlich von Sedan, 3. Sept. 1870.
Du kennst nun durch meine drei Telegramme den ganzen Um—
fang des großen geschichtlichen Ereignisses, das sich zugetragen hat.