Full text: Für Mittelklassen (Teil 1, [Schülerband])

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es die guten Zwerglein und sprachen: „Hüte dich vor deiner Stief¬ 
mutter, die wird bald wissen, daß du hier bist; laß ja niemand herein!" 
Die Königin aber, nachdem sie Sneewittchens Lunge und Leber 
glaubte gegessen zu haben, dachte nicht anders, als sie wäre wieder die 
Erste und Allerschönste, trat vor den Spiegel und sprach: 
„Spieglein, Spieglein an der Wand, 
wer ist die Schönste im ganzen Land?" 
Da antwortete der Spiegel: 
„Frau Königin, Ihr seid die Schönste hier, 
aber Sneewittchen über den Bergen 
bei den sieben Zwergen 
ist noch tausendmal schöner als Ihr." 
Da erschrak sie; denn sie wußte, 
daß der Spiegel keine Unwahr¬ 
heit sprach, und merkte, daß 
der Jäger sie betrogen hatte 
und Sneewittchen noch am 
Leben war. Und dann sann 
sie aufs neue, wie sie es 
umbringen wollte; denn so¬ 
lange sie nicht die Schönste 
war im ganzen Land, ließ ihr 
der Neid keine Ruhe. Und 
als sie sich endlich etwas aus¬ 
gedacht hatte, färbte sie sich 
das Gesicht und kleidete sich 
wie eine alte Krämerin, und 
war ganz unkenntlich. In 
dieser Gestalt ging sie über 
die sieben Berge zu den sieben 
Zwergen, klopfte an die Türe 
und rief: „Schöne Ware feil! 
feil!" Sneewittchen guckte zum 
Fenster heraus und rief: 
„Guten Tag, liebe Frau, was 
habt Ihr zu verkaufen?" — 
„Gute Ware, schöne Ware," 
antwortete sie, „Schnürriemen von allen Farben," und holte einen 
hervor, der aus bunter Seide geflochten war. „Die ehrliche Frau
	        
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