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mitten im Sande lag, niemand eine Wohnung darin mieten wollte?
Jetzt führt eine gepflasterte Straße mit Fußgängersteigen daran vorbei!
Hast du jetzt nicht auch Gaslicht, Wasserleitung und Kanalisation darin,
über deren Mangel du früher klagtest? Damals mußten die Bewohner
deines Hauses das Wasser von der Pumpe im Hofe holen und die Ab—
wässer hinuntertragen. Wieviel bequemer ist das alles heute! Welcher
Vorteil für deine Mieter und für dich! Ist der Mietsertrag deines Hauses
seitdem nicht fast um die Hälfte gestiegen? Das alles könntest du dir
doch unmöglich selbst anlegen. Hier sorgt die Gemeinde für alle Ein—
wohner, indem sie die Anlagen macht und die Kosten, die die Mittel des
einzelne weit übersteigen, aus der Gemeindekasse bezahlt. Jeder, mag er
Hausbesitzer oder Mieter sein, hat Vorteil davon; darum muß aber auch
jeder nach seinem Vermögen und Einkommen durch seine Gemeindesteuer
etwas dazu beitragen.
3. Die Gemeinde sorgt aber auch noch für vieles andre. Weißt du
wohl noch, wie eng, niedrig und dunkel das alte Schulhaus war, in dem
wir unterrichtet wurden, und wie überfüllt die Klassen damals waren? Und
nun sieh dir die neue große Gemeindeschule an mit den hellen Klassen
ind den wenigen Schülern darin. Und was lernen die Buben und Mädchen
setzt alles dort, und noch dazu unentgeltlich! Das hat doch auch die
Gemeinde von den Steuern der Einwohner bezahlt, und es reut uns nicht,
weil's für unsre Kinder ist. Denke weiter an die Polizei, an die Feuer—
wehr und die Fürsorge für die Armen und Kranken, und dann rechne
einmal nach, welchen Nutzen du selbst von all diesen Einrichtungen haͤst,
und wie wenig du eigentlich mit deinen Gemeindesteuern dafür zahlst!“
„Ja, ich muß zugeben, daß du in vielem recht hast, Nachbar,“
meinte Ulrich, „aber ich muß doch auch noch Staatssteuern bezahlen, und
außer diesen direkten Steuern werden noch indirekte Steuern von jedem
erhoben. Daß diese wirklich nötig sind, will mir nicht recht einleuchten.“
„Wie kann nur ein verständiger Mann wie du so töricht reden!“
rief der Brauer Marten. ‚Nachbar, ich will dir nur an zwei Einrich—
tngen des Staates zeigen, daß es ohne diese Steuern gar nicht geht. Denk
einmal zurück, wie ärmlich es in unserm Orte zuging, ehe die Eisenbahn
gebaut und der neue Kanal dicht daran vorbeigeführt war. Wie haben
sich Handel und Gewerbe seitdem bei uns gehoben! Wieviel Fabriken sind
entstanden, in denen Hunderte fleißiger Arbeiter ihr täglich Brot finden!
Du selbst lebst ja auch davon. Das danken wir diesen beiden großen Ver—
kehrsstraßen, die der Staat angelegt hat, und die ein Segen für uns alle
sind. — Und dann unser schönes, tapfres Heer! Mit Recht haben sie
Anno 1870 daheim gesungen: Lieb Vaterland, kannst ruhig sein, fest steht
und treu die Wacht am Rheinl“ Wir waren damals mit dabei, und wir
wissen, daß unsre Jungen, die jetzt des Königs Rock tragen, ebenso bereit
sind wie wir, wenn's sein muß, auch zu sterben für ihren König und ihr