Und wieder schallt des Knechtes Ruf:
Herr, losgegangen ist ein Huf;
Und schlagt Ihr nicht das Eisen an,
So ist es um das Roß gethan.“—
„Hufeisen hin, Hufeisen her!
Das Rößlein hat Hufeisen mehr
Und geht noch wie vorher.“
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Und eh' der drille Ruf erschallt,
Da ist es an den Stein geprallt.
Das Rößlein liegt und steht nicht auf;
Geendet ist des Herren Lauf.
Er spricht nicht mehr: „Roß hin, Roß
her!“
Er rafft sich auf und schreitet schwer
Mit seinem Knecht einher.
87. Johann, der Seifensieder.
Friedr. v. Hagedorn.
Sämtl. poet. Werke. Hamburg 1764. 2. Teil. S. 66. (Gekürzt.)
Johann, der muntre Seifensieder,
Erlernte viele schöne Lieder
Und sang mit unbesorgtem Sinn
Vom Morgen bis zum Abend hin.
Sein Tagwerk konnt' ihm Nahrung bringen,
Und wenn er aß so mußt' er singen,
Und wenn er sang, so war's mit Lust,
Aus vollem Hals und freier Brust.
Beim Morgenbrot, beim Abendessen
Blieb Ton und Triller unvergessen;
Der schallte recht, und seine Kraft
Durchdrang die halbe Nachbarschaft.
Man horcht, man fragt: „Wer singt schon wieder?
Wer ist's?“ — Der muntre Seifensieder.
Nun wohnte diesem in der Nähe
Der Sprößling einer reichen Ehe,
Der, stolz und steif und bürgerlich,
Im Schmausen keinem Fürsten wich;
Der stets zu halben Nächten saß
Und ausgesuchte Speisen aß.
Und wenn dann mit den Morgenstunden
Sein erster Schlaf sich eingefunden,
So ließ ihm den Genuß der Ruh'
Der nahe Sänger nimmer zu.
„O Jammer mit dem Seifensieder!
Kaum schließ! ich meine Augenlider,
So lärmt und schreit mir der schon wieder,
Und keine Ruh' wird mir zu teil;
Ach, wär' der Schlaf wie Austern feil!“
Da hat er's endlich ausgesonnen;
Er läßt den Sänger zu sich kommen
Und spricht: „Mein lustiger Johann,
Wie geht es Euch? Wie fangt Ihr's an?