Full text: Erstes Lesebuch für die Oberstufe (Teil 5, [Schülerband])

3. Gewerbe, Handel und Verkehr. 
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147. Von der Mrlichkeit im Erwerbsleben. 
Wie im ganzen Leben des Menschen, so müssen auch im 
Erwerbsleben die Grundsätze der Sittlichkeit herrschen. So selbst- 
verständlich das erscheint, so wird es doch oft vergessen, ja wohl 
gar von manchen bestritten. Da wird die Wahrhaftigkeit“ als 
nanwendbar beiseité geschoben, um der Lüge und dem Betruge 
Platz zu machen; da wird gewissenlos gearbeitet, um einen 
gröberen Gewinn zu haben; da werden Versprechungen gegeben, 
ber nicht gehalten u. a. Wollten alle einer solchen unsittlichen 
Auffassung des Erwerbslebens anhängen, so vũrde schlieblich der 
Erfolg jeder wirtschaftlichen Thätigkeit in Erage gestellt und die 
Wirtachaft des ganzen Volles zurückgehen. Holland und England 
haãtten niemals 2u so hoher wirtschaftlicher Blüte gelangen können, 
wenn dort nicht von alters her die Geschäftswelt „reell, d. h. 
wahr und gewissenhaft, gewesen wäre. Es kommt ja wohl einmal 
vor, daß ein Mensch Erfolge hat, trotzdem er unsittlich wirt⸗ 
schaftet; aber die Falle, daß unzuverlässige Geschäftsleute vor- 
warts kommen, sind ganz seltne Ausnahmen; die meisten gehen 
eben zu Grunde. Es wäre auch wunderbar, venn dem nicht so 
waãre; der Unerfahrene kann wohl einmal betrogen werden, er wird 
gich aber, venn er zur Erkenntnis des Betruges gekommen ist, 
vom Betrüger abwenden; und so geht dessen Geschäft immer 
mehr und mehr zurück, anstatt daß es sich in dem Mabe, als es be- 
Cannter wird, erweitert. Die Gewerbtreibenden, die sich unredlicher 
Mittel bedienen, um einen auberordentlichen Gewinn zu machen, 
die Bãcker, die das Brot zu leicht machen oder dem Mehle wertlose 
Zusãtze geben, die Schuhmacher, die schlechtes Leder verarbeiten, 
die Baudern, welche die Milch faälschen, die Fleischer, die billiges, 
ungesundes Vieh einkaufen u. s. w. werden schnell ihre Kunden 
vedieren und der allgemeinen Verachtung anheimfallen. 
Fritz Kalle. 
148. Redlichkeit ist das beste Einkommen. 
Dem Spitzenhändler Jakob Häuser fiel es einst schwer aufs Herz: „Du 
hast bisher bei deinen Preisen immer eine etwas höhere Summe angesetzt, 
als die war, für welche du die Waren lassen konntest und auch wirklich 
ließest, wenn Leute da waren, die das Handeln verstanden. War das auch 
recht? Ein rechtlicher Mensch soll weder lügen noch betrügen; das war aber 
beides bisher oft der Fall gewesen. Wohlan, mein Gott, es soll nicht mehr 
geschehen!“ Er geht nach Frankfurt zur Messe. Gleich am ersten Tage kommen
	        
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