Full text: [Schuljahr 5, [Schülerband]] (Schuljahr 5, [Schülerband])

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werde. Vor mir am Boden, die Arme sest ineinander geschlungen, 
saßen die Weiber, mit aufgelösten Haaren, ihre starren, wilden 
Blicke zum Himmel gerichtet. Die Kinder hielten ihre Leiber 
umschlungen und bargen ihre Köpfe in stummer Angst an der 
Brust der Mutter. sens stand daneben, sein magerer, sester 
Körper und sein blutloses Gesicht waren wie von Stein; hinter 
ihm in dumpfer Gefühllosigkeit stand der andere Mann, den 
nahen Tod wie ein Opfertier erwartend. 
Und während dieser schrecklichen Minute llog das Dach 
zerrissen in Luft und See und ließ uns alle Schrecken unseres 
nahen Untergangs erkennen. Der Sturm schien sich mit dem 
lürchterlichen Stobe, der das Dach brach, gemildert zu haben, 
er tobte nicht mehr so arg; aber der Himmel strahlte dazu in 
seiner ganzen Pracht auf die unermeblichen Wasserberge nieder, 
die brausend sich bäumten und sich verschlangen. Kein Ton 
des Lebens, kein Hoffnungszeichen, kein Schrei, keine andere 
Bewegung als die der empörten Wasser unterbrach diese wilde, 
eintönige Wüste. Es war nichts zu entdecken von nahem oder 
lernem Lande; alle Halligen, alle Küsten der Aubeninseln 
schienen tief unter der Flut zu liegen, alles Lebendige erstickt 
zu sein. Es war, als seien wir von allen sterblichen Wesen 
auf Erden allein noch übrig geblieben um die Angst des Todes 
langsamer und schmerzhafter zu empfinden. 
Denn eine schreckliche Gewibheit löschte jeden Hoffnungs- 
tiunken aus. Noch war mehr als eine Stunde Zeit bis zur 
höchsten Flut und schon erreichte diese die halbe Höhe der 
Balken und schleuderte ihre Wellenspitzen bis zu uns empor. 
Jede Welle, die an die Pfeiler prallte, die allein unsere Er- 
haltung möglich machten, regte die Angst höher auf. Wir 
fühlten die durehdringende Kaälte der Februarnacht nicht, fühlten 
nicht, dab die nassen Kleider an unserer Haut festklebten, fühlten 
den Sturm nicht, der unser Haar zerrib; alle Erwartungen und 
Empfndungen drängten sich auf das Bangen vor der gräblichen 
Minute zusammen, die uns aus dem Buche des Lebens streichen 
sollte. 
Und diese Minute rückte immer näher; wir sahen sie 
kommen, ohne das geringste tun zu können um sie aufzuhalten. 
Die glänzenden Berge von flüssigem Metall, die uns umwogten, 
wurden höher und höher; die zitternden, schief geneigten Balken 
überzeugten uns, dab das Wasser immer tiefer und mächtiger
	        
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