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Es gibt indirekte und direkte Steuern. Von einer indirekten
Steuer spricht man z. B., wenn von Tabak oder Branntwein eine
Steuer erhoben wird, von einer direkten, wenn der Staat sagt:
du hast 3000 M jährliche Einnahme, davon gibst du mir für den
Staatshaushalt 52 M als Einkommensteuer ab. Das Reich erhebt
keine direkten, wohl aber indirekte Steuern; die einzelnen Staaten
aber erheben direkte Steuern. Es wäre ja nun viel schöner, wenn
man gar keine Steuern zu zahlen brauchte, und ihr habt wohl schon
einmal gehört, daß der Vater ein wenig gestöhnt hat, wenn der
Steuerbote kam. Aber es hilft nichts, denn jeder einzelne Staat
und auch das Reich brauchen nun einmal Geld, und sie brauchen
es für die Bürger. Sie gebrauchen es für das Heer und die
Flotte, um das Land zu schützen gegen äußere Feinde; sie ge—
brauchen es für Gerichte und Polizei, um die Bürger zu schützen
gegen innere Feinde. Sie verwenden es zur Bestreitung der Kosten
für Kirche und Schule, zur Verbesserung der Verkehrsmittel, zum
Unterhalt der Behörden. Die Liste ist lang.
Der oberste Reichsbeamte ist der Reichskanzler. Der Reichs—
kanzler wird vom Kaiser ernannt. Er leitet die Geschäfte des Bun—
desrats und den Verkehr zwischen diesem und dem Reichstage. Er
übernimmt die Verantwortlichkeit für die kaiserlichen Erlasse, er be—
aufsichtigt alle Zweige der Reichsverwaltung. So liegt in seinen
Händen die oberste Leitung. Unter dem Reichskanzler stehen die
Reichsämter. Zu den wichtigsten Reichsämtern gehört das Aus—
wärtige Amt.
Der Wirkungskreis des Auswärtigen Amtes ist sehr groß.
Wenn sich z. B. bei einem andern Staat irgendeine Verstimmung
gegen Deutschland zeigt, dann hat das Auswärtige Amt klärend
und vermittelnd einzugreifen, manchmal freilich auch recht ernstlich.
Oder irgendeinem Reichsangehörigen ist im Ausland eine Unbill
zugefügt, dann tritt das Auswärtige Amt für ihn ein.
Zur Vertretung aller deutschen Interessen im Auslande unter—
hält das Reich in den fremden Staaten dauernd kaiserliche Beamte,
die auch dem Auswärtigen Amt unterstehen. In allen Staaten ge—
nießen diese Vertreter Deutschlands besondere Vorrechte; sie stehen
z. B. nicht unter der Gerichtsbarkeit des betreffenden Landes, und
ihre Wohnungen gelten als unverletzlich, ja als Stück des Deutschen
Reiches. So kann man z. B., wenn man in dem schönen Botschafter—
palast in Rom steht, sagen, man befinde sich mitten in Italien und
doch auf deutschem Boden. Genau so werden die Vertreter fremder
Staaten in Deutschland behandelt. Außer diesen diplomatischen
Vertretern aber unterhält das Reich in allen bedeutenden Orten des