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dichten Schneedecke lagen ein paar Blumenkeime in ihrem Bettchen
und warteten auf den Frühling. Aber der wollte nicht kommen,
und die Zeit wurde ihnen gar lang. Da sprach einer zum andern:
„Hör, Brüderlein, ich möchte versuchen, wie es draußen aussieht!“
Da sagte der andere: „Versuch's, ich tuss mit!“ Nun sprangen
beide aus ihrem Bett und reckten und streckten sich, um ans Tages—
licht zu kommen. Aber die Decke war noch steinhart. Da drückten
beide ihr grünes Köpfchen dicht unter die kalte Decke und horchten,
ob nicht ein Vogel den Frühling bereits erspäht habe und ihm sein
erstes Liedlein singe. Und der Zaunkönig auf der höchsten Spitze
der Pappel hatte den Frühling hinter den Bergen zuerst herau—
kommen sehen und ihm sein Willkommen gesungen. Und als die
Keimlein im Grunde dieses vernahmen, klopften sie ungeduldig
gegen ihre eiserne Tür. Das hörte die Sonne und lockerte die
Erde, daß sie beide heraus konnten.
Nun spitzten sie die Keimblätter hübsch zu, daß sie scharf wur—
den wie Pfeile und durch die Erde schießen konnten. Dann ver—
suchten sie's. Bei der kalten Arbeit fror es sie zwar ein wenig,
aber es gelang ihnen doch; nach wenig Stunden waren sie mit
ihren Köpflein ans Tageslicht gedrungen. Hoch oben in der Pappel—
spitze saß immer noch der Zaunkönig und sang, und auch zwei
Stare saßen daneben und pfiffen und schwätzten, trippelten mit den
Füßen und schlugen mit den Flügeln und waren außer sich vor
Freude. Aber der Winter hatte alles gesehen und gehört, denn er
hatte hinter einem Berge auf der Lauer gelegen. Er wurde gar
zornig über die sprossenden Blumen und die singenden Vögel und
warf den schwätzenden Staren eine Handvoll Schnee auf den
Schuabel, daß sie sich eiligst davonmachten, und auch den beiden
Bluͤmen schütlete er so viel Schnee auf den Kopf, daß man sie gar
nicht mehr sehen konnte. Die ließen sich's nicht anfechten, und nach
drei Tagen hatten sie sich wieder aus dem Schnee hervorgearbeitet.
Der Schnee hatte ihnen aber alle Farbe genommen, und sie waren
weiß wie gebleichtes Leinen.
„Tut nichts,“ sprach eines zum andern, und sie wiegten lustig
die Kronen hin und her, daß die Staubfäden wie Hämmerchen an
die Wände schlugen. Da gab es ein feines Läuten, und leise klang
es durch den Wald:
„Der Lenz will kommen, der Winter ist aus;
drum läute ich helle: Heraus, heraus!
Heraus, ihr Schläfer in Flur und Heid';
es ist nicht fürder mehr Schlafenszeit!
Lesebuch für Mittelklassen. W.
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