Full text: Lesebuch für die Mittelklassen katholischer Volksschulen

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Feld und Wiese eine böse Zeit; kein Käfer am Baum, Leine 
Raupe am Blatt war vor diesen kleinen schwarzen Augen sicher. 
Hast du schon einmal darüber nachgedacht, was so eine 
Starenfamilie in einem Sommer fressen mag, und einen wie 
großen Nutzen so ein einziges Starenpärchen mit seinen Jungen 
uns Menschen bringen kann? Ein gelehrter Mann hat das 
beobachtet und einmal ausgerechnet. 
Die alten Vögel bringen in der Regel Vormittags alle drei 
Minuten Futter zum Nest, Nachmittags alle fünf Minuten, macht 
jeden Vormittag in sieben Stunden 140 fette Schnecken, Raupen 
oder Maden, Nachmittags 84. Für die beiden Alten darf man 
auf die Stunde wenigstens zusammen 10 Schnecken rechnen, 
macht in 14 Stunden 140. Im ganzen werden also von der 
Familie täglich 364 fette Schnecken oder andere Schädlinge 
vertilgt. Die Stare sind etwa 200 Tage bei uns. Der Schaden, 
den eine Raupe oder Schnecke in ihrem Leben anrichtet, wird 
einen halben Pfkennig betragen, und es mögen in Deutschland 
drei Millionen Starenfamilien ansässig sein. Nun können wir 
leicht ausrechnen, um welche Summe die Starenarmee unser 
Vaterland jährlich bereichert. Es ist eine große Summe, und 
wir sehen, daß der Star nicht bloß versteht, Späße zu machen 
und die FHlöte zu spielen auf dem Dachfirst, sondern daß er 
auch fleißig und ernst zu arbeiten weih. 
187. 
Das Veilchen. 
* Hermann Wagner. 
Blauveilchen hat in den rauhen Herbsttagen keinen Schutz 
vor dem Froste. Da werfen ihm die Büsche, unter denen es steht, 
ihre abgetragenen Sommerkleider als warme Decke für den kalten 
Winter zu. Mit geschenkten Sachen ist es nun bekleidet wie eine 
arme Waise. 
Im Frühling aber wird das Veilchen auf einmal reich. Unten 
im Boden hat es viele feine Wurzeln, die trinken das Wasser der 
Erde. Es bekommt niedliche Blätter, jedes zierlich geformt wie 
ein Herz. Auf dünnen Stielchen stehen die blauen Blüten, auf 
jedem Stielchen immer nur eine wie auf einem Bein. Fünf Blätt— 
chen von blauer Farbe bilden die Krone; fünf grüne Kelchblätter 
umschließen sie. In der Blüte prangen fünf goldgelbe Staubgefäße 
und ein Stempel. Dankbar sendet nun das Veilchen seinen lieblichen 
Duft hinauf zu den wohltätigen Sträuchern. Kinder suchen das ver— 
borgene Blümchen und binden Veilchensträuße für Vater und Mutter. 
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