Der deutsch-französische Krieg u. das Wiedererstehen des deutschen Reiches. 263
§ 65.
Der deutsch-französische Krieg und das Wiedererstehen
des deutschen Reiches.
1) Der Vorwand zum Kriege.
Am meisten Ärgernis erregte Preußens Wachstum bei
den eis er süchtigen Franzosen. Schon vor dem Ausbruch
des Krieges von 1866 hatte Napoleon dem Ministerpräsidenten
Bismarck die französische Bundesgenossenschaft gegen
Österreich angeboten, falls er die Vereinigung Rheinbaierns und
Rheinhessens mit Frankreich gestatte. Er wurde jedoch damit
zurückgewiesen.
Ebenso vereitelte es Bismarck im Jahr 1867, daß Na¬
poleon vom König der Niederlande Luxemburg erwarb.
Darum sehnte man sich in Paris nach einer Gelegenheit, Preußen
zu demütigen.
Den Vorwand zum Krieg mußte schließlich die Besetzung
des spanischen Thrones geben. In Spanien war im Jahr
1868 die Königin Jsabella durch eine Revolution gestürzt worden.
Da aber die republikanische Staatsform im Lande zu wenig An-
hang hatte, so suchte die spanische Regierung nach einem neuen
Herrscher und sand endlich im Anfang Juli 1870 in dem Erb-
prinzen Leopold von Hohenzollern einen Fürsten, der sich
zur Annahme der spanischen Krone bereit erklärte.
Sofort ließ Napoleon in der französischen Abgeordneten-
kammer die Versicherung abgeben, daß er die Besetzung
des spanischen Thrones durch einen hohenzollerischen
Fürsten nicht dulden werde.
Im Hinblick auf den damit angedrohten Krieg nahm der Erb-
prinz Leopold die gegebene Zusage zurück. Aber hiermit nicht
zufrieden ließ Napoleon durch seinen Botschafter von König Wil-
Helm, der gerade im Bad Ems weilte, die Zusicherung verlangen,
daß er die Thronkandidatur Leopolds nie zulassen werde. Da