Full text: [Mittelstufe] (Mittelstufe)

9. Der Sperling. 
Der Sperling gehört zu den Gassenbuben unter den Vögeln. 
An ihm ist nichts von Sauberkeit und Nettigkeit; nichts von dem 
eblichen Wesen der Taube, nichts von dem süßen Sange der Lerche 
bder Nachtigall: es ist auch nichts an ihm, was zu loben wäre; 
les verrt seinen niederen Sinn. Von Zucht und Ehrgefühl weiß 
lichts, kein Eigentum ist ihm heilig, alle Augenblicke hat er 
Händel mit seinen Mameraden, und dabei giebt es ein Geschrei, daß 
an es im ganzen Dorfe hört. Er ist flink und verschmitzt. 
In seinem dicken, rötlichbraunen Kopfe stehen ein paar rohe, 
freche Augen, denen man sogleich ansieht, daß er sich um keinen 
Meschen bekümmert, und daß es ihm einerlei ist, was man von 
hm denkt. Hierzu paßt sein plumper Schnabel, sein freches Ge— 
schrei, seine untersetzte Gestalt, wie sein Anzug. Es kuͤmmert ihn 
icht, was er anhat; Eitelkeit Und Putzsucht kann man ihm nicht 
borwerfen. Sein Kleid ist grob Und grau, man kann nicht leicht 
Schmußflecke darauf sehen, und er Teibt sich damit auf dem Miste, 
m Kole in Pfützen und auf dem Felde umher. Er giebt sich nicht 
die geringste Muhe, anständig zu sprechen, sondern schreiet in den 
Tag hinein, wie es ihm in die Kehle kommt. 
Der Nestbau macht ihm keine Sorge. Er vertreibt die Schwalbe 
aus dam ihrigen. Muß er sich aber selber ein Nest bauen, so kann 
hrauchen: Lumpen, Papierstreifen, Strohhãlmchen, Federn und 
äden. 
berall, wo es etwas zu fressen und zu naschen giebt, hat er 
seine Augen. Er benimmt sich ls wenn die Kirschen sür ihn allein 
gewachsen wären. Fangen sie zu reifen an, so holt er sich zur Probe 
davon Sind sie erst reif, so kennt er vom frühesten Morgen bis zum 
spätesten Abend keine andere Beschäftigung, als Kirschen zu essen. 
Auch junge Erbsen nascht er gern. — Drei Vierteljahre lebt er 
in Werfluß. Im Garten und auf dem Felde führt er seine Stehlereien 
aus, und die Erntezeit bringt er ganz auf dem Felde zu, wo er 
haufenweise von Garbe zu Garbe schwirrt. Ist das Feld leen so 
Keht er sich in die Straßen der Slaͤdle und die Hbfe und Ställe 
e Loandmanns zurück. Külte und Hunger dringen auf ihn ein. 
Da siht er geduckt, die Federn ringsum Iufgeblasen, den Kopf zwischen 
die Shultern gezogen; oder er hockt in geschühten Winkeln, sucht 
inen Schornstein, um den Strahl der Wuͤnersonne oder den Hauch 
des Herdfeuers aufzufangen. Doch weiß er sich auch Nahrung zu 
derschaffen. Hält ein Fuhrmann mit seinen Pferden vor einem 
Winlshause, und ein Hausknecht bringt den Futlertrog, so ist auch 
der Spat schon da und holt sich sein Zuail Haser oder Brot. Werden 
die Huhner gefüttert, so läßt er gewiß nicht auf sich warten; jagt
	        
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