Object: Der deutsche Geist im Weltkrieg (H. 174)

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Fürst von Büloro über den Krieg 
\. Die Stimmung in den ersten Wochen der Krieges. 
a) Hürst von Büloro über den Krieg.1) 
HIs der Herausgeber der Korrespondenz „Norden" vom Fürsten im 
Hotel Kdlon empfangen wurde, richtete er vor allem die Frage an ihn, 
wie er über den weiteren Verlauf des Riesenkampfes denke, der die Welt 
mit feinem Getöse erfüllt. „tt)ir werden siegen, weil wir siegen müssen," 
erwiderte mit tiefem (Ernst der Altreichskanzler. „Das deutsche Volk ist 
noch nie feinen Feinden erlegen, wenn es einig war, und niemals im 
Laufe feiner langen und wechfelvollen (Beschichte war es so einig wie 
heute. XDie oft haben scharfsinnige Beobachter unseres politischen Lebens, 
wie oft Kenner unserer Volksseele, wie oft hat ein Bismarck darüber ge¬ 
klagt, daß es uns Deutschen so schwerfalle, kleine Meinungsverschieden¬ 
heiten großen gemeinsamen Zielen unterzuordnen. Der Sturmwind die¬ 
ser Tage hat weggefegt, was rückständig und kleinlich an uns war. Die¬ 
ser Krieg hat uns alle besser gemacht*, sagte mir gestern ein alter 
Freund. Das gilt von dem einzelnen, es gilt von dem ganzen Volk. Der 
volle Einklang zwischen Staatsgefinnung und volksempfinden, die in 
Fleisch und Blut übergegangene Überzeugung, daß das Los jedes einzel¬ 
nen mit dem Schicksal des Ganzen unauflöslich verknüpft ist, haben sich 
in diesen Tagen in überwältigender Weise Bahn gebrochen. Hinter uns 
in wesenlosem Scheine liegen die Zänkereien früherer Tage, wir er¬ 
kennen, wie wenig vielfach das bedeutete, das uns zu trennen schien, 
von welch vitaler Bedeutung das ist, was uns verbindet. (Ein Sozial¬ 
demokrat, der Reichstagsabgeordnete Dr. Südekum, hat in einer schwe¬ 
dischen Zeitung in einer öffentlichen (Erklärung dem Empfinden der ge¬ 
samten Nation Kusdruck gegeben, wenn er schreibt: ,tDir in Deutsch¬ 
land, und zwar alle Parteien und alle Volksschichten, sind von der Über¬ 
zeugung tief durchdrungen, daß wir siegen müssen oder untergehen/" 
Fürst Büloro fuhr fort: „ITtan kann die Lage, in der wir uns befinden, 
und die Hufgabe, vor der wir stehen, nicht klarer formulieren. Aber wir 
werden oben bleiben, mit uns ist der Geist unserer Väter, der Geist von 
Schiller und Kant, von Schleiermacher und Fichte. (Er geht unfern Hee¬ 
ren voran, er weist uns die Wege. IDenn Goethe wieder unter Uns weilte, 
er würde lächelnd und befriedigt manches zurücknehmen, was er über 
deutsche Untugenden gesagt und geklagt hat. IDenn Bismarck und 
1) Aus der „Poffifchen Zeitung" vom 7. September, Hr. 454.
	        
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