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6. Von dem Tode des Hühnchens.
Ein andermal ging das Hühnchen mit dem Hähnchen wieder
auf den Nußberg. Sie hatten einander versprochen, einen jeden
Nußkern brüderlich zu teilen. Nun fand das Hühnchen eine
große, große Nuß. Diese Nuß wollte es gern allein essen. Der
Kern war aber so dick, daß er ihm im Hals stecken biebe Da
schrie das Hühnchen: Ach, liebes Hähnchen, ich bitte dich, lauf
und hole mir Wasser, sonst erstick ich. Das Hähnchen lief, was
es konnte zum Brunnen. Der war aber weit fort. Ab das
Hähnchen das Wasser auf den Nußberg brachte, war das Hühnchen
schon gestorben.
Da war das Hähnchen traurig und fing laut an zu weinen.
Da kamen sechs Mäuse, die bauten einen kleinen Wagen. Als
er fertig war, legten sie das tote Hühnchen hinein, spannten sich
davor und wollten das Hühnchen begraben. Das Hähnchen war
Kutscher. Als sie ein Stückchen gefahren waren, kam der Fuchs
und fragte: Wo willst du hin, Hähnchen? Ich will mein Hühnchen
begraben. Darf ich mitfahren? — Ja, aber setz dich hinten
auf den Wagen, vorn können es meine Pferdchen nicht ziehen.
— Da setzte sich der Fuchs hinten drauf, dann auch der Wolf,
der Bär, der Hirsch, der Löwe und alle Tiere in dem Walde.
Die Fahrt ging nun weiter, endlich kamen sie an einen Bach.
Wie wollen wir nun hinüber kommen? fragte das Hähnchen.
Am Ufer lag ein Strohhalm, der sagte: Ich will mich quer
darüber legen, so könnt ihr über mich hinfahren. Als die Maäuse
aber auf den Strohhalm kamen, fielen sie alle ins Wasser und
ertranken. Das Hähnchen wußte nun nicht, was es machen
sollte. Da sprach eine Kohle: Ich bin groß genug, ich will mich
über das Wasser legen. Als aber das Hähnchen an die Kohle
kam, fiel sie ins Wasser und war tot.
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