Vorrede.
es wieder in manchen Einzelheiten die nähere Erklärung erhält, hat das
Lesebuch den Zweck, durch historische Belehrung die allgemeine menschliche
Bildung zu fördern und zu pflegen, in der Entwickelung und Entfaltung
des Menschengeistes den göttlichen Geist ahnen und erkennen zu lassen
Die Uieraturgeschichte soll so wenig als die Weltgeschichte in den Dienst
irgend einer Partei treten oder sich von irgend einer Zeitrichtung zu
Nebenabsichten gebrauchen lassen; sie soll das Spiegelbild edler Menschen—
bildung sein und bleiben und alle Strahlen des reinen Lichts auffassen
und in concentrirter Stärke wieder leuchten lassen.
Zur dritten und vierten Auflage.
Es sind nun bald zwölf Jahre, daß die obigen Worte geschrieben
wurden, die auch für die nachfolgenden Auflagen maßgebend waren; und
es gereicht mir zur besonderen Freude, daß die Anordnung und Zusammen—
stellung so viel Anerkennung gefunden hat, daß sich der Herr Verleger
zu einer vierten Auflage entschließen konnte. Wie schon beli der dritken
vom J. 1870, so wurde auch bei der vorliegenden vierten Auflage das
„Lesebuch zur Geschichte der deutschen Literatur“ einer durchgeheuden sorg—
fältigen Revision unterworfen und dabei einzelne Veränderungen und Ver—
mehrungen vorgenommen. Durch vieljährigen Gebrauch des Buches in den
eigenen Lehrstunden über deutsche Literatur bin ich früher auf Manches auf—
merksam geworden, das der gegenwärtigen Ausgäbe zu gute kam. Auch hat
der rege Sammelfleiß deutscher Gelehrten in den letzten Jahren so viel
Treffliches zu Tage gefördert — wir erinnern unter Anderem nur an die
„Deutschen Handwerkslieder von Oskar Schade“ an die „Deutschen
Dichter des sechzehnten Jahrhunderts von C. Goedeke und Jul. Titt—
mann“ an die „historischen Volkslieder von Lilieneron“ — daß auch
in den älteren Perioden eine kleine Vermehrung zweckmäßig erschien. Doch
habe ich es aus pädagogischen Rücksichten vermeden, die Veränderungen so
weit auszudehnen, daß dadurch die früheren Auflagen beim Unterricht un—
brauchbar geworden wären. Das „Lesebuch zur Geschichte der deutschen
Literatur“, wird bei jedem Leitfaden oder Abriß der deutschen Literaturge—
schichte zur Ergänzung und Erläuterung sowohl in der Klasse als beim
Selbstunterricht gebraucht werden können. Doch schließt es sich in erster
Linie, durch Paragraphenverweisungen, an des Verfassers eigenes Werkchen
an: „Geschichte der deutschen Literätur von ihren Anfängen bis zur Ge—
genwart“, welches in zehnter Auflage bei Wilhelm Engelmann in Leipzig
184 erschienen ist. Daneben wurde auch auf des Verfassers „Lehrbuch
der Weltgeschichte“ Bezug genommen, und zwar nach der Vertheilung des
Stoffes, wie sie die siebenzehnte Auflage vom J. 1876 aufweist, und
auf die Allgemeine Weltgeschichte für die gebildeten Stände“, wovon der
XIII. Band bis in den Anfang des neunzehnten Jahrhunderts führt.
Heidelberg, im November 1877.
Dr. G. Weber.